AMS wollte Bewerberin zurück an den Herd schicken

AMS wollte Bewerberin zurück an den Herd schicken
Sozialministerium ignorierte bei einem Bewerbungsverfahren für einen AMS-Posten eine offensichtliche Diskriminierung. Das Höchstgericht hob die Entscheidung auf

Vor wenigen Tagen hat Sozialminister Rudolf Hundstorfer Post aus dem Verfassungsgerichtshof (VfGH) bekommen. Das dem KURIER vorliegende Schreiben (Aktenzahl B1186/11-6) enthält eine für das Ministerium unrühmliche Entscheidung.

Auf 26 Seiten schildern die Höchstrichter den Fall der burgenländischen AMS-Mitarbeiterin Susanne T., die sich vor drei Jahren um die Leitung der regionalen AMS-Stelle in Jennersdorf beworben, den Job mit einer eher befremdlich anmutenden Begründung aber nicht bekommen hat.

Gleich geeignet

So war die Frau laut Gutachten für den Posten zwar ebenso geeignet wie ihre drei Mitbewerber. Beim Bewerbungsgespräch wurde ihr aber eine Frage gestellt, die die männlichen Job-Interessenten nicht beantworten mussten: "Warum können Frauen eigentlich nicht in der Erziehung der Kinder ihre Erfüllung finden?"

Im Klartext hieß das: Müssen S’ wirklich Karriere machen, gnä’ Frau?

"Ja, ich muss", sagte sich Susanne T. Und weil sie bei der Bestellung letztlich nicht zum Zug kam und sich insbesondere durch die Bemerkung eines Kommissionsmitglieds vor den Kopf gestoßen sah, protestierte sie gegen die Entscheidung und klagte den Arbeitgeber – die Republik Österreich – auf Schadenersatz.

Die Differenz zwischen ihrem Ist-Gehalt und dem Verdienst, den sie als AMS-Chefin bekommen hätte, wollte Susanne T. vom AMS erstattet bekommen. Da aber Letzteres – wie auch die zweite Instanz, nämlich das übergeordnete Sozialministerium – keine Anstalten machte, die Entscheidung zu revidieren, ging T. zum Verfassungsgerichtshof – und bekam nun Recht.

 

Lasches Vorgehen

AMS wollte Bewerberin zurück an den Herd schicken

Laut VfGH hat die Entscheidung des Sozialministeriums die Burgenländerin in ihrem verfassungsgesetzlichen Recht auf Gleichheit verletzt. Der Bund muss den Bescheid, in dem T.s Beschwerden abgewiesen wurden, aufheben und neu entscheiden.

Pikant ist an der Entscheidung, dass der VfGH das Sozialministerium für sein lasches Vorgehen rügt. Denn obwohl die Beschwerdeführerin selbst wie auch ein Gutachten der Gleichbehandlungskommission die frauenfeindliche Bemerkung gegenüber dem Bundesministerium ausdrücklich erwähnt haben, "hat die belangte Behörde", laut VfGH, "jegliche Auseinandersetzung hiermit unterlassen".

Kurzum: Anstatt zu prüfen, ob und wie die Bemerkung bei dem Hearing gefallen ist, hat das Ministerium einfach die getroffene Entscheidung verteidigt.

Für das Sozialressort könnte die Sache nun teuer werden, muss es doch nicht nur die Gerichts- und Anwaltskosten von T. übernehmen, sondern möglicherweise auch Gehaltsnachzahlungen leisten. Der Schaden, den T. eingeklagt hat: 178.804 Euro.

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