Air France: Mission possible in der Tiefsee

Air France: Mission possible in der Tiefsee
Tiefseerobotern ist es gelungen, das Wrack der Air-France-Maschine aufzuspüren. Ein Wissenschaftskrimi.

A byssal heißt der Meeresboden in Tiefen zwischen 2000 und 6000 Metern. In diesem Abgrund liegt das Wrack der vor zwei Jahren verunglückten Air France Maschine im Atlantik. Noch. Nach zweijähriger Suche fanden drei automatische Tauchroboter der Marke Abyss ein 200 mal 600 Meter großes Trümmerfeld - und Leichen.

Die Mission Air France steht erst am Anfang. Meeresforscher Colin Devey vom Leibniz-Institut in Kiel, das einen der AUV (automatisches Unterwasservehikel) stellt, rechnet mit einer Dauer von ca. einem halben Jahr, bis alle Teile geborgen sind. "Als erstes wird man den Flugschreiber bergen." Die Chancen, dass man den Datenrekorder noch lesen kann? "Stehen sehr gut." Der heikelste Teil ist die Bergung der fast 200 Leichen. "Von der Bergung von Wal-Kadavern wissen wir, wie fragil das Gewebe nach zwei Jahren ist."

Leichen, Black Box und Flugzeugteile sind wichtige Beweisstücke im Rechtsstreit der Hinterbliebenen, die Air France und Airbus auf fahrlässige Tötung geklagt haben.
Welche Fragen wirft die Unterwasserbergung noch auf?

Wie hat man das Flugzeug im Atlantik entdeckt?
Vier Suchoperationen waren nötig, um das riesige Gebiet langsam einzugrenzen. Letztlich fand man das Wrack nur wenige Seemeilen von der letzten Funkposition. Was das bedeutet? "Das Flugzeug ist fast senkrecht abgestürzt und erst beim Aufschlag zerrissen."

Gibt es weitere Fundstellen in der Umgebung?
Um das herauszufinden, fertigen die drei zivilen AUV - mehr gibt es weltweit nicht - aus tausenden Einzelbildern ein Mosaikbild der Fundstelle am Meeresboden an. Das wird mit den bereits gefunden Wrackteilen abgeglichen. Devey: "Dafür sind die AUV ideal. Die fahren mit fünf km/h über den Meeresboden und sind für Kurvenradien von zehn Metern programmiert."

Wie läuft die Bergung in dieser Tiefe ab?
Die AUV werden von ROV (ferngesteuerte Unterwasserfahrzeuge) mit Greifarmen abgelöst. Zwei Piloten steuern wie bei einem Videospiel mit Joysticks Kameras, Beleuchtung und Außenarm. Die Probleme? Tonnenschwere Turbinen auf einem Stahlseil zu befestigen, das die Trümmer raufzieht, werden den Piloten alles abfordern, sagt Devey. "Du bist hoch konzentriert, aber verkrampft, weil du Angst davor hast, etwas zu beschädigen. Die Strömungen können aus den Glasfaserkabeln einen Haufen Spaghetti machen. Nach vier Stunden bist du fix und fertig."

Was bringt der Tiefsee-Einsatz der Wissenschaft?
Die Meeresforscher bekommen die erste Karte des Meeresbodens mit einer Auflösung von unter einem Meter.

Ist die Airbus-Bergung die erste Bewährungsprobe für Unterwasserroboter?
Nein. 2010 wurden die Tauchroboter des Ozeanographischen Instituts von Woods Hole, Massachusetts, im Einsatz. Nach dem Unglück der Ölplattform Deepwater Horizon wurden die Forschungsroboter zum Filmen des Öllecks in den Golf von Mexiko entsandt. Im Jahr davor war die Suche nach der Absturzstelle des Polarforschers Roald Amundsen gescheitert.
Der Tiefseeroboter vom Typ Hugin 1000 durchforschte zwei Wochen lang den Meeresboden vor der Insel Bjørnøya - ohne Erfolg. Von dort stammt die einzige Sichtung des Wracks aus dem Jahr 1933, fünf Jahre nach Amundsens Verschwinden. Am 1. September 1985 fand der US-Tiefseeforscher Robert Ballard das Wrack der Titanic. Das Roboter-U-Boot Argo fand das 1912 gesunkene Atlantik-Passagierschiff in 8000 Metern Tiefe. Seither wurden Ausstellungen mit Fundstücken organisiert, zum Ärger der letzten Überlebenden Millvina Dean (1912-2009): "Das ist doch ein Grab, mein Vater liegt dort unten!"

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