Abschied von Bergsteiger Göschl

Abschied von Bergsteiger Göschl
Seit einem Monat wird Gerfried Göschl im Karakorum vermisst. Am Dienstag verabschiedet sich seine Familie bei einem Gottesdienst.

Im Schaukasten gegenüber der Wallfahrtskirche in Ardning in der Ober­steiermark hängt eine Parte: Sie zeigt blitzblauen Himmel über dem Broad Peek und einen Bergsteiger. Der Text ist ist deutlich: Gerfried Göschl, Extrembergsteiger, wird für immer am Hidden Peak bleiben.

Seit einem Monat gilt der Steirer offiziell als vermisst: Gemeinsam mit Cedric Hählen aus der Schweiz und Nisar Hussain aus Pakistan versuchte er, den 8080 Meter hohen Hidden Peak im Karakorum im Winter zu begehen. Doch am 9. März kam die letzte Nachricht, mehrmalige Suchflüge blieben ergebnislos.

Hählens Familie hat bereits klargestellt, keine Bergung zu versuchen. "Cedric hat immer gesagt: Wenn mir etwas am Berg passieren sollte, dann lasst mich in meinen geliebten Bergen. Wir werden seinen Wunsch respektieren", schreiben seine Angehörigen auf ihrer Homepage.

Am Dienstag will sich auch Göschls Familie "nun in aller Würde von unserem geliebten Gerfried verabschieden". Seine Frau Heike bittet in Ardning zum Gedenkgottesdienst, auch wenn bisher keine sterblichen Überreste gefunden werden konnten. "Es ist wichtig, trotzdem einen Schlussstrich zu ziehen", sagt Günther Unterberger, langjähriger Freund und Bergsteigerkollege des 39-jährigen Steirers. "Wir haben alle gehofft, dass er es irgendwie geschafft hat. Aber irgendwann musst du realistisch sein und sagen, jetzt musst du dich verabschieden."

Taktisch

Der Hidden Peak gehört zu den 14 höchsten Bergen der Welt, Göschl war zuletzt im Sommer 2011 dort unterwegs. Unterberger war auf dieser Tour dabei. "Der Gerfried hat schon im Sommer Material für die Winterbesteigung dort deponiert. Er hat immer taktisch gedacht", erinnert sich der Obersteirer. "Er war ein alter Schachspieler, er hat immer zwei Züge vorausgedacht. Das hat er auch am Berg umgesetzt."

Was diesmal schiefgegangen ist, dürfte sich wohl nie mehr klären lassen. Es steht auch nicht fest, ob das Team die Besteigung noch geschafft hat. Zuletzt wurden die drei ein paar Hundert Meter unter dem Gipfel gesehen. "Natürlich spekuliert man und versucht nachzudenken, was geschehen sein kann – eine Lawine, ein Absturz?", sagt Unterberger. "Der Gerfried war einer der sichersten und schnellsten Absteiger von einem Berg. Ich denke mir, wenn er ein Wetterfenster gesehen hätte, er wäre runter." Das Wetter war jedenfalls extrem schlecht: Windstärken um 100 km/h, minus 30 Grad.

Unterberger war mit Göschl am Broad Peek, K2 und Nanga Parbat. "Ich hab’ noch nie eine richtige Antwort darauf gefunden, was den Reiz des Höhenbergsteigens ausmacht", gibt Unterberger offen zu. "Vielleicht die Kombination aus Abenteuer und Sport, dass du ferne Länder bereist?" Dass ein kleiner Fehltritt lebensgefährlich sein kann, sei jedem Bergsteiger bewusst. "Natürlich", sagt Unterberger, "Gefahr und Risiko kannst du nie ausklammern. Aber die Gefahr im Leben hast du immer, jeder Motorradfahrer lebt gefährlich. Aber Bergsteigen ist halt für den Laien schwerer begreifbar. Der sieht nur Berg und hoch und gefährlich."

Abschied von Bergsteiger Göschl

"Er hat sich akribisch vorbereitet"

Günther Unterberger, Ortsstellenleiter des Bergrettungsdienstes Selzthal, war mit Ger­fried Göschl befreundet und mit ihm auch als Höhenbergsteiger unterwegs.

KURIER: Wie haben die Vorbereitungen für die Touren ausgesehen? Günther Unterberger: Gerfried hat sich immer akribisch mit jedem einzelnen Berg beschäftigt. Er hat sich Informationen und Bilder von Leuten besorgt, von denen er gewusst hat, dass sie schon oben waren. Er hat genau gewusst, wo wer in den vergangenen 15 Jahren unterwegs gewesen ist.

Wie ist Göschl damit umgegangen, wenn er ein Ziel nicht erreicht hat? Er war enttäuscht, natürlich. Aber nach drei, fünf Tagen war das vorbei. Er hat immer gesagt: Wenn was zu gefährlich ist, dann geht es eben nicht. Der Berg ist es nicht wert, dass man sich verletzt.

Hatte er eigentlich eine Art Talisman dabei? Er hat immer Fotos von seiner Frau und den beiden Töchtern dabeigehabt. Und zuletzt auch ein Geschenk seiner Tochter, eine kleine Stoffente.

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