WTO, quo vadis?

WTO, quo vadis?
Wir sollten uns von Bidens Handelspolitik nicht zu viel erwarten

Donald Trump war vieles, aber gewiss kein Fan der Welthandelsorganisation (WTO). Vom „schlechtesten Handelsdeal aller Zeiten“ war die Rede, selbst ein Austritt stand im Raum. Auf Worte folgten Taten. Die US-Mitgliedschaft blieb zwar aufrecht, sie gingen aber auf offenen Konfrontationskurs mit dem „Kronjuwel“ der WTO, ihrem Streitbeilegungssystem. So blockierten sie die Bestellung neuer Mitglieder des WTO-„Höchstgerichts“ (dem Appellate Body) so lange, bis es handlungsunfähig war – etwa so, als gäbe es keine Richter am Obersten Gerichtshof (OGH). Nur dass die Streitparteien ganze Staaten oder die EU sind. Ein weiteres schweres Erbe für Joe Biden.

„Amerika ist zurück, Diplomatie ist zurück im Zentrum unserer Außenpolitik“ hieß es in seiner ersten außenpolitischen Rede. Klingt doch vielversprechend. Handelspolitische Kollektivutopie wird es allerdings auch mit ihm keine geben. Protektionismus hat in den USA schließlich eine lange Tradition, schon im 19. Jahrhundert schützten sie ihre Produzenten vor der ausländischen Konkurrenz.

Dass sie dennoch ein hohes Wirtschaftswachstum verbuchen konnten, wird bis heute als gewichtiges Argument ins Feld geführt, um Zölle zu rechtfertigen. 1930 folgte der Smoot-Hawley Tariff Act, der Zölle in Höhe von 59,1 Prozent vorsah und entscheidenden Anteil am Einbruch der US-Importe (um 40 Prozent!) hatte. Die aktuellen 25- bzw. 10-Prozent- Zölle auf Stahl und Aluminium sind da ein „Lercherl“.

Auch Trumps Skepsis gegenüber internationalen Organisationen kam nicht von ungefähr. Nach dem Zweiten Weltkrieg scheiterte etwa die Schaffung einer Internationalen Handelsorganisation am fehlenden Beitrittswillen im Kongress. Bis zur Gründung der WTO 1995 sollten noch einige Jahrzehnte vergehen. Kompliziert blieb es allerdings weiterhin: George W. Bush führte 2002 rechtswidrige Zölle auf Stahl ein und Barack Obama blockierte 2011 erstmals eine Wiederbestellung beim WTO-„Höchstgericht“, namentlich der Amerikanerin (!) Jennifer Hillmann – weil sie, so die inoffizielle Begründung, wider die US-Interessen gehandelt hatte. 2016 verhinderten die USA aufgrund ihrer Unzufriedenheit mit der WTO-Rechtsprechung erneut eine Wiederbestellung (des Koreaners Seung Wha Chang).

Trump hat also kein Neuland betreten – er ging lediglich einen Schritt weiter und setzte die Blockaden so lange fort, bis keine Mitglieder mehr übrig waren. Allein, die Hoffnung stirbt zuletzt. Bidens Außenminister Blinken kritisierte den Handelskrieg mit der EU als „selbst zugefügte Wunde“, die amerikanische Jobs kostete. Auch bei der Bestellung der neuen WTO-Generaldirektorin, der Nigerianerin Ngozi Okonjo-Iweala, legen die USA sich allem Anschein nach nicht weiter quer. Man darf also gespannt sein.

Ralph Janik ist Lehrbeauftragter für Völkerrecht und Menschenrechte, unter anderem an der Universität Wien.

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