Prinz und Kröte

Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass man den Traumpartner im Internet ordern kann.
Simone Hoepke

Simone Hoepke

Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass man den Traumpartner im Internet ordern kann.

von Mag. Simone Hoepke

über Prinzen und Kröten

Um 1800 war die Welt noch in Ordnung. Als Prinzessin musste man nur dem quakenden Frosch vor der Haustüre Einlass gewähren und ihn später beherzt gegen die Wand knallen. Schwupp – hatte man den Traumprinzen vor sich stehen. So irgendwie haben es die Brüder Grimm erzählt. Ob das pädagogisch wertvoll war, möchte ich nicht beurteilen.

Heute ist die Suche nach dem Traumprinzen etwas komplizierter. Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass man Selbigen im Internet ordern kann wie ein Paar Socken. Doch diverse Praxisbeispiele aus dem Freundeskreis sind ernüchternd.

Andrea bekam einen Herren geliefert, der ihr zum ersten Date einen Scherenschnitt mitbrachte. Also ein zerschnittenes Blatt Papier. Dass Frauen über 30 auf Geschenke dieser Art eher weniger Wert legen, hatte ihm seine Mutter nicht gesagt. Obwohl sie 40 Jahre dafür Zeit gehabt hätte.

Ein anderer kam zwar nicht mit offensichtlichen Mängeln daher, wurde aber trotzdem wieder zurückgeschickt. Leider nach Ablauf der Garantie. Das hat zumindest den Scheidungsanwalt gefreut, der damit gut verdient hat.

Die Liste ließe sich endlos fortsetzen und hat sich offenbar bis nach China durchgesprochen. Dort pfeifen die jungen, gebildeten Sprosse der Ein-Kind-Politik neuerdings auf jede Form von Gesellschaft. Eine Generation von Einzelgängern soll da herangewachsen sein, schreibt das Handelsblatt. Das hat unlustige Folgen. Statt sich in Karaoke-Bars zum Affen zu machen, singen junge Chinesen jetzt in 1-Personen-Karaoke-Kammerln. Alleine. Einsam. Ohne bejubelt oder ausgebuht zu werden.

Zur Unterhaltung spielen Millionen Chinesen lieber Tabi Kaeru, ein Frosch-Handy-Spiel. Froschkönig Reloaded quasi. Man schickt den Frosch virtuell auf Reisen. Während er fröhlich die Welt erkundet, wartet man auf Nachricht von ihm.

Muss so fad sein, wie auf Nachricht von irgendeinem Prinzen zu warten, der letztlich doch nur eine blöde Kröte ist.

Chinas Politik warnt die Jugend nun ernsthaft davor, ihre Zeit nicht mit dem einsamen Warten auf Frösche zu vergeuden.

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