Und ewig grüßt die Metaller-Lohnrunde

Zuviel Aufmerksamkeit für eine Branche, die den heimischen Arbeitsmarkt nicht mehr repräsentiert.
Anita Staudacher

Anita Staudacher

Sie gilt als Richtschnur für alle übrigen Lohnverhandlungen. Warum eigentlich?

von Dr. Anita Staudacher

über die Bedeutung der Metaller-Lohnrunde

Am Mittwoch startet sie wieder, die jährliche Metaller-Lohnrunde. Seit Jahrzehnten immer dasselbe, ermüdende Ritual: Ältere Männer verhandeln hinter verschlossenen Türen unter ständiger medialer Begleitmusik scheinbar alles Mögliche; Lohnkurven, Zuschläge, Freizeitblöcke, Durchrechnungsvarianten, Flexi-Irgendwas... Die Dramaturgie ist fix vorgegeben. Erst wird gejammert, dann gefordert, gestritten, gedroht, ernsthaft gedroht, doch wieder verhandelt. Am Ende kommt stets die obligate Nachtsitzung, und dann steht sie fest: die angeblich so wichtige Zahl.

Die Prozentzahl für die jährlich Lohnsteigerung gilt nach wie vor als Richtschnur für alle übrigen, noch folgenden Lohnverhandlungen. Warum eigentlich?

Das Lohnritual der Sozialpartner stammt aus dem Jahr 1947, als die Stahlindustrie die zentrale Säule der Wirtschaft und dominante Größe der – männlich geprägten – Arbeiterschaft war. Heute ist die Metallbranche zweifellos wichtig, aber mit 186.000 Beschäftigten viel weniger bedeutsam als früher – und völlig untypisch für den heutigen Arbeitsmarkt. In der hoch automatisierten Branche arbeiten noch immer vorwiegend Männer in Vollzeit, überdurchschnittlich gut bezahlt und gewerkschaftlich bestens organisiert.

Hingegen arbeiten mehr als zwei Drittel der Arbeitnehmer heute im Dienstleistungssektor, wo der klassische 9-to-5-Job auf dem Rückzug ist, Teilzeit und prekäre Arbeitsformen zunehmen. Frauenarbeit ist immer noch schlechter bezahlt, Mindestlöhne der Metaller in weiter Ferne, die Solidarität unter den Arbeitnehmern bröckelt.

Zeit, die Perspektiven zurechtzurücken und überholte Rituale zu hinterfragen.

Artikel zu den Metaller-Verhandlungen lesen Sie hier

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