Umsturz in Berlin als Menetekel für Wien
Die kleinmütige Große Koalition ist auch hierzulande bald Geschichte.
Wahlwochenende in Wien-Leopoldstadt und in der deutschen Metropole Berlin – und was beherrscht am Tag danach die heimischen Schlagzeilen? Die Kür eines Bezirksparlaments, das selbst vor Ort nur ein Drittel der Bürger zur Stimmabgabe bewegte. Weltbewegend ist das Ergebnis nur für die überschaubare Welt der Funktionäre: Die Grünen, die auszogen nicht als Nr. 3 zu enden, stießen die Nr. 1 vom Thron. Einzige österreichweit relevante Lehre aus dem roten Debakel: Wer weder eine attraktive Person noch ein spannendes Thema bietet, muss mit dem Schlimmsten rechnen – dem Machtverlust. Das wäre nicht neu, die Ohrfeige für die satte Selbstzufriedenheit ist aber besonders kräftig ausgefallen.
Nachhaltig umwälzend wählte Berlin: In der bunten und jungen Großstadt zogen die Rechtspopulisten stimmenmäßig beinahe mit der Kanzlerpartei gleich. Rechts und links der Mitte gedeihen immer mehr Klein- und Mittelparteien. Rot-Schwarz ist in der deutschen Hauptstadt Geschichte. Jetzt kommt (nach der Premiere Thüringen) auch in Berlin Rot-Rot-Grün.Statt zu zweit kann nur noch zu dritt regiert werden.
Ein Gedanke, an den sich auch die heimische Politik gewöhnen wird müssen. Wie auch immer die Farben neu gemischt werden, die kleinmütige Große Koalition wird auch in Wien bald Geschichte sein. Wahlentscheidend wird sein: Wem gelingt es, diejenigen zur Stimmabgabe, zu mobilisieren, die mit der herkömmlichen Politik schon länger nichts mehr am Hut haben. Die AfD verdankt ihren neuerlichen Triumph nicht primär den Wählern, die von Schwarz oder Rot zum neuen Herausforderer überliefen. Die Rechtspopulisten fischten am erfolgreichsten im wachsenden Lager der Nichtwähler.
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