PISA wird zum Test fürs Überleben der Regierung Kern-Mitterlehner

Bessere Schulen brauchen mehr Autonomie. Scheitert die Koalition neuerlich an den Reformbremsern, fällt sie endgültig durch.
Josef Votzi

Josef Votzi

Der Umgang mit dem PISA-Desaster wird zum Testfall für das politische Überleben der Regierung Kern-Mitterlehner.

von Josef Votzi

über den neuerlich miserablen PISA-Test

Elisabeth Gehrer wollte es nicht glauben und ließ die internationalen Prüfer einer Nachprüfung unterziehen. Die ÖVP-Unterrichtsministerin war Anfang der 2000er die erste, die das miserable PISA-Zeugnis entgegennehmen musste. Nach der kurzen Trotzphase schnürte sie gleich acht Reformpakete, ignorierte aus ideologischen Gründen aber viele Vorschläge ihrer Experten. Für ihre SPÖ-Nachfolgerin kam’s noch dicker, Österreichs Schüler stürzten 2010 in allen Disziplinen noch weiter ab. Claudia Schmied suchte den Spieß umzudrehen und den schmerzhaften PISA-Befund zur Durchsetzung von Reformen zu nutzen. Sie zerschellte an den widerstreitenden Interessen von Ländern und Gewerkschaft. Gabriele Heinisch-Hosek wollte den Test nach einem Datenleck erst überhaupt absagen. Das war dann doch zu durchsichtig; 6000 Schüler mussten dann ohne Pretests ins kalte Wasser springen.Das Ergebnis landete nun am Tisch von Sonja Hammerschmid. Sie befand knapp, aber klar: "Das ist inakzeptabel." Es schreit in der Tat zum Himmel: Seit dem ersten PISA-Test produziert das Schulsystem nicht weniger, sondern immer mehr Pflichtschul-Absolventen, die fürs Berufsleben untauglich sind. Was die meisten Lehrer und Direktoren nur hinter vorgehaltener Hand zu sagen wagten, nannte die Wiener Schuldirektorin Andrea Walach im KURIER erstmals beim Namen: Vor allem die NMS produziert zunehmend eine "Generation AMS". Hammerschmid gelobt nun die rasche Umsetzung weiterer Reformen. Oft gehört, aber wer soll das noch glauben?

2 Jahre Niveau-Unterschied in derselben Klasse

Die geringfügige Reduktion der Klassenschüler-Höchstzahl blieb Kosmetik, die Neue Mittelschule (NMS) oft nur Fassade für veraltete Unterrichtsformen.

Die größte Krux, sagt die couragierte Praktikerin Andrea Walach, sind die total divergierenden Leistungsniveaus im gleichen Schülerjahrgang: "Ich habe Kinder in der ersten Klasse, die auf dem Niveau der vierten Klasse Volksschule sind, und Kinder, die eigentlich schon in die nächst höhere Klasse aufsteigen könnten." – "Was wir brauchen, ist ein Kurssystem mit kleinen Gruppen, in dem die Kinder nach ihren Bedürfnissen gefördert werden können", so NMS-Direktorin Walach: "Man soll den Schulen mehr Spielraum geben. Die Lehrer wissen am besten, was zu tun wäre. Die Reform in Richtung Autonomie könnte da schon etwas bringen."

Die Schul-Autonomie steht auf der Agenda des Reform-Duos Hammerschmid/Mahrer ganz oben. Von der Auswahl der Lehrer bis zum Unterricht sollen die Schuldirektoren mehr Freiraum erhalten – wie im echten Leben aber auch für Erfolge & Misserfolge verantwortlich sein.

Anfang 2017 wollen Kern & Mitterlehner den Durchbruch zu mehr Autonomie schaffen. Das ist zugleich der ultimative PISA-Test für diese Regierung: Reicht die Kenntnis der politischen Grundrechenarten doch noch für bessere Reformleistungen – oder laufen Rot und Schwarz künftig am Wählermarkt endgültig unter " nicht vermittelbar".

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