Müder Heerführer einer lahmen Truppe

Der Bruderkrieg nach dem Berufsheer-Debakel legt die Gefechtslage der Häupl-SPÖ schlagartig offen.
Josef Votzi

Josef Votzi

Die Roten streiten sichtbar wie nie, wer schuld am Desaster ist.

von Josef Votzi

über die Schelte für Michael Häupl

Die Wehrpflicht-Verteidiger haben haushoch obsiegt, der zwangsrekrutierte Berufsheer-Fan Norbert Darabos mit Bomben und Granaten verloren. Im Lager der Verlierer schießt sich alles aber auf einen ein: Den bisher mächtigsten SPÖ-Politiker und Wiener Bürgermeister, Michael Häupl. Was ist los mit der Sozialdemokratie? Genetisch auf Geschlossenheit programmiert, wirkt sie jetzt wie die fünfte Kolonne der ÖVP, wo die Intrige zum ungeschriebenen Programm gehört.

Das Debakel bei der Wehrpflicht-Abstimmung hat die neue Gefechtslage in der SPÖ schlagartig sichtbar gemacht. Neue Lage 1: Die simplen Taktik-Spiele von gestern funktionieren auch in der größeren Regierungspartei nicht mehr. Mit dem roten Bruderkrieg passiert genau das, was die SPÖ-Spitze via Durchhalte-Befehl an Darabos verhindern wollte. Der glücklose Heeresminister sollte die Niederlage zumindest in den ersten Wochen an der Heeresspitze aussitzen, damit niemand in der Partei auf die Idee kommt, zu hinterfragen, ob hier der Richtige als Sündenbock herhalten muss. Jetzt hat die Partei Spott und Schaden: Darabos muss weiter den Watschenmann für die ÖVP geben. Die Roten streiten dennoch sichtbar wie nie, wer schuld am Desaster ist.

Neue Lage 2: Dass ausgerechnet ein Leichtgewicht wie Niederösterreichs SP-Chef es wagt, ein Schwergewicht wie Häupl zu attackieren, sorgt intern zwar für Empörung. Es ist gleichzeitig aber ein Zeichen, dass Michael Häupl parteiintern längst angezählt ist.

Häupl, der öffentlich den phäakischen Fiaker gibt, ist im Kern ein politisch instinktsicherer Intellektueller, der müde von den Mühen der Ebene zuletzt die Zügel zu sehr schleifen ließ. Ein Ersatz für das politische Großkaliber ist in der SPÖ weit und breit nicht in Sicht.

Kommentare