Nach der Befragung regiert wieder Taktik

Der Wählerauftrag vom Sonntag lautet: Schnell eine Reform des Bundesheeres ohne tarnen und täuschen.
Helmut Brandstätter

Helmut Brandstätter

In der U-Bahn erfährt man mehr, als U-Bahn-Zeitungen sich zu schreiben trauen.

von Dr. Helmut Brandstätter

über den Wählerauftrag vom Sonntag

Michael Spindelegger ist ein besonnener Mann. So einer freut sich nicht mit gefletschten Zähnen, sondern mit einem leisen Lächeln. Doch jetzt sticht ihn der Hafer. Zu oft erzählt er, dass „Norbert Darabos die Suppe auslöffeln muss, die er sich eingebrockt hat“.

Wenn die Bundesregierung ihr Versprechen ernst nimmt und bis zum Herbst arbeiten will, dann wird es nicht reichen, den anderen zu häkerln. Wir wollen die Vorschläge der ÖVP sehen -– und wir wollen, dass der Minister seine Schmähs, mit denen er die Befragung gewinnen wollte, einpackt. Wer für Reformen mehr Geld verlangt, soll ein Privatissimum beim Rechnungshof buchen. Die wissen, wie es geht.

Für alle, die es noch nicht verstanden haben: Das Resultat vom Sonntag war auch ein Appell an die Politik zu mehr Ernsthaftigkeit. Gewonnen haben nicht mehr oder weniger intelligente Kampagnen, entscheidend waren konkrete Sorgen: Die Rettungsorganisationen brauchen genügend Zivildiener – und das Heer soll als Truppe glaubwürdig werden und als Katastrophenschutz einsatzfähig bleiben.

Die Spaltung „Jung gegen Alt“ gab es übrigens nicht so, wie uns das ORF-Hochrechner erzählten. Offenbar gab es bei den 16- bis 29-Jährigen einen Gleichstand . Es hieß auch nicht „Stadt gegen Land“, viele SPÖ-dominierte Städte waren für die Wehrpflicht. Schon eher zeigte sich ein Graben zwischen einigen Wiener Bezirken (mit starker grüner Wählerschaft) und dem Rest des Landes. Die Wiener Kaffeehäuser, wo Politiker und Journalisten einander die Welt erklären, sind mit großen Zerrspiegeln ausgestattet. Und an Rathauspolitiker sollte man Öffi-Tickets verteilen. In der U-Bahn erfährt man mehr, als U-Bahn-Zeitungen sich zu schreiben trauen.

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