Lebenslang Lehrer darf keine Strafe mehr sein

Die Schulreformer Hammerschmid & Mahrer zielen ins Schwarze. Sie sollten nicht auf halbem Weg stehen bleiben.
Josef Votzi

Josef Votzi

Jeder kennt das von seinem jüngsten Klassentreffen. Erst werden berufliche und private Neuigkeiten ausgetauscht. Dann machen die besten Geschichten über die Schulzeit die Runde – im Mittelpunkt: Die Lehrer; ihre Marotten, ihre Vorzüge und die lustigsten Streiche, die ihnen gespielt wurden. Viele haben ihren Lieblingslehrer und den verhasstesten Pädagogen auch Jahrzehnte danach noch so lebendig in Erinnerung, als stünden sie wieder im Pausenhof. Vorbildliche Pädagogen und bösartige Pauker prägen fürs Leben. SPÖ-Bildungsministerin Sonja Hammerschmid und ÖVP-Staatssekretär Harald Mahrer zielen daher mit ihrem Schulautonomiepaket ins Schwarze: Das Lehrer-Team ist die Visitenkarte der Schulen. Das Recht zur Auswahl der passenden Pädagogen soll künftig daher zuallererst beim Direktor vor Ort liegen: Der Schulleiter soll nicht lang auf Gedeih und Verderb an den gleichen "Lehrkörper" gebunden sein, sondern diesen – wenn notwendig – abseits von Pensionierungen umbauen können.Die Schaffung von Schulverbänden ("Cluster"), in denen bis zu acht Schulen unter Führung eines einzigen "Superdirektors" stehen, soll zudem mehr Flexibilität im Alltag garantieren: Der exzellente Englisch-Lehrer, aber minder begabte Sport-Pädagoge muss nicht mehr im Turnunterricht eingesetzt werden, um auf die Stunden seiner Lehrverpflichtung zu kommen. Er wird innerhalb des "Clusters" als Englisch-Koryphäe auch in benachbarten Schulen eingesetzt. Der "Superdirektor" muss als gemeinsamer Hausherr dafür keine bürokratischen Hürden oder persönlichen Animositäten aus dem Weg räumen.

Einmal Lehrer, immer Lehrer?

Das Autonomiepaket eröffnet damit den Weg zu etwas, das der Welt der Pädagogen fremd war: Ein Markt für Lehrer. Pädagogen sind eine der letzten Berufsgruppen, in der die eherne Regel gilt: Einmal Lehrer, immer Lehrer – im Idealfall auch noch mit einer lebenslang schulfesten Stelle. Nur wer goldene Löffel stiehlt, läuft Gefahr, sein angestammtes Biotop zu verlieren. In einer KURIER-Reportage gestern befragte Direktoren sagen, bei der Auswahl von Lehrern gibt es in einigen Bundesländern schon jetzt mehr Spielraum als früher. Was ihnen aber nach wie vor fehlt, ist die Möglichkeit, einen Lehrer, dessen Unterrichtsleistung nicht passt, zumindest zu versetzen.

Auch die überwältigende Mehrheit der guten und engagierten Lehrer muss so ein Interesse daran haben, dass die Regierung nicht auf halbem Wege stehen bleibt.

Wer Ja zu mehr Schulautonomie sagt, muss auch Ja zur "Ultima Ratio" sagen, sich von Pädagogen im Notfall trennen zu können. Nicht einmal die Lehrergewerkschaft leugnet, dass es eine überschaubare Minderheit gibt, die sich und andere durchs Unterrichtsleben quält. Sie prägen noch immer über Gebühr das Bild des Schulalltags – im vergleichsweise harmlosen Fall als ewige Reizfiguren bei abgeklärten Klassentreffen; im schmerzhaften Fall bei Kindern und Eltern, die gerade mitten im Schulalltag stecken, als Hürde fürs Leben.

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