Kern oder Kurz – wer kann besser führen?

Im völlig personalisierten Wahlkampf kommt es nicht auf Programme an, sondern auf Führungsqualität.
Helmut Brandstätter

Helmut Brandstätter

Die letzten Wochen werden von der Frage bestimmt sein, ob Kurz oder Kern eher Sicherheit signalisieren.

von Dr. Helmut Brandstätter

über Führungsqualität

Olaf Scholz, der 1. Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, meinte einmal in einem KURIER-Gespräch, die Aufgabe von Politik sei es, dafür zu sorgen, dass "die Menschen klarkommen". Klarkommen, das heißt, das tägliche Leben bewältigen, die Herausforderungen mit den Kindern, der Arbeit und dem Wohnen, und sich dabei sicher fühlen. Angela Merkel wird das in Deutschland viel eher zugetraut als dem SPD-Kandidaten Martin Schulz, deshalb wird sie heute ungefährdet als Kanzlerin bestätigt werden. Merkel zeichnet aber noch etwas aus: Sie respektiert die Medien, fürchtet sich aber nicht vor ihnen.

Bei uns ist das anders. Alle Spitzenpolitiker schielen ständig auf den Boulevard. Schlimmer: Aus purer Angst investieren sie Unsummen an Steuergeld, um sich gute Stimmung oder Berichte zu kaufen, gerade auch die klamme Gemeinde Wien oder der Finanzminister, der von Sparsamkeit spricht. Bundeskanzler Kern schert jetzt aus, zeigt späten Mut und will künftig eine Gratiszeitung ignorieren, die aus dem Mail eines unwichtigen Ex-Sekretärs ("unsicher", "eitel" etc.) eine Kampagne machte. Ein später Entschluss, Führungskraft zu zeigen. Denn neben allen Pannen, die der SPÖ-Wahlkampf aufweist, schadet dem Kanzler wohl am meisten, dass er nach starken Ansagen zu Beginn vor 15 Monaten oft als zögerlich empfunden wurde, der seine Truppe nicht im Griff hat. Wir werden sehen, ob die SPÖ, auch Bürgermeister Häupl, jetzt Solidarität zeigen und Kerns Mut gegenüber der Gratiszeitung Österreich unterstützen.

Sebastian Kurz hat hingegen von Anfang an auf klare Autorität gesetzt. Schon unter seinem Vorgänger hat er am Weg zum Kanzleramt gearbeitet, das wird ihm in der ÖVP aber ebenso verziehen wie seine klare Ansage an die mächtigen und nur an ihrem Bundesland interessierten Landeshauptleute, dass er alleine alle wichtigen Entscheidungen treffen will. Wohl aus Mangel an Alternativen haben diese erstmals in der 2. Republik kleinbeigegeben. Ergebnis: Kurz steht als starke Führungskraft da.

Veränderung oder Stabilität?

Bei der Richtlinienkompetenz, die Kurz nach deutschem Vorbild dem Kanzler erteilen will, täuscht er sich oder uns: Schon Helmut Kohl erzählte regelmäßig, dass diese Verfassungsbestimmung in einer Koalition gar nichts wert sei. Außer, dass ihr Einsatz zu Neuwahlen führt.

Sebastian Kurz hat gestern oft das Wort Veränderung bemüht. Interessant, immerhin regiert auch er schon lange und die ÖVP hätte – wie gefordert – Bürokratie und Steuerlast schon lange reduzieren können. Aber immerhin: Er traut sich, von Veränderung zu sprechen, wohl wissend, dass die Menschen Sicherheit und Stabilität suchen, aber spüren, dass Wirtschaft und Gesellschaft unweigerlich vor Veränderungen stehen.

So werden die letzten drei Wochen von der Frage bestimmt sein, ob Kurz oder Kern eher Sicherheit in dieser unsicheren Zeit signalisieren. Und Stabilität bei kommenden Veränderungen glaubwürdig versprechen können.

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