Jetzt regieren Junge ÖVP und alte FPÖ

Jede demokratisch legitimierte Regierung verdient eine Chance. Ab sofort heißt es: Genau hinsehen.
Helmut Brandstätter

Helmut Brandstätter

Jede demokratisch legitimierte Regierung verdient eine Chance. Ab sofort heißt es: Genau hinsehen.

von Dr. Helmut Brandstätter

über die neue Regierung

Eines muss man dieser Regierung jedenfalls zugestehen: Wer den Wahlkampf von ÖVP und FPÖ verfolgt hat, darf jetzt nicht überrascht tun. Das gilt sowohl für das Programm als auch für die Personen. Sebastian Kurz hat stets deutlich gemacht, dass er nichts von den Strukturen und den Mechanismen der ÖVP hält. Er hat die Verhandlungen an Bünden und Ländern vorbei geführt und bei seinen Personalentscheidungen Enttäuschungen ausgelöst. Umso erstaunlicher ist, dass es auch kurzfristige Ministerbesetzungen gab.

Heinz-Christian Strache vertraut jenem Team, mit dem er die FPÖ nach dem Haider-Desaster wieder aufgebaut hat. Dazu gehört auch Herbert Kickl, der zuerst für Haider antisemitische Sprüche erfunden hat ("Wie kann jemand Ariel heißen, der so viel Dreck am Stecken hat") und dann eine poetische Stufe höher für Strache das Reimen entdeckt hat ("Daham statt Islam"). Das wahre Problem dieser Regierung ist, dass er und Verteidigungsminister Mario Kunasek alle Uniformierten und alle Geheindienste des Landes befehligen. Dass Kickl den anerkannten Polizei-General Karl Mahrer ( ÖVP) als Staatssekretär nicht wollte, zeigt, dass er sich nicht allzu stark fühlt. Jetzt wird die gelernte Staatsanwältin Karoline Edtstadler im Innenministerium aufpassen müssen.

Aber die Nähe der FPÖ zu Russland ist geradezu gefährlich. Dass die Freiheitlichen vor genau einem Jahr mit der Kreml-nahen Partei "Einiges Russland" einen Fünf-Jahresvertrag geschlossen haben, ist auch im Ausland bemerkt worden. Dass da die "Erziehung der jungen Generation zu Patriotismus und Arbeitsfreude" vereinbart wurde, klingt nach kommunistischer Folklore, dass westliche Geheimdienste den unseren nicht vertrauen werden, wenn sie Russland-Nähe orten, kann für Österreich zum Informationsproblem werden.

Echte Reformen – jetzt hoffentlich wirklich!

Zu begrüßen sind die Ankündigungen für Reformen. Noch stehen im Programm überwiegend Ankündigungen, aber diese beruhen auf richtigen Analysen: Zu viel Bürokratie, zu viele Doppelförderungen, zu viel Regulierung. Aber auch da wird man genau hinschauen müssen. Weniger Krankenkassen bringen nur bescheidene Einsparungen, einfachere Strukturen berühren die Interessen der Bundesländer. Mit Josef Moser tritt ein Minister für Justiz und Reformen an, der jedenfalls nicht konfliktscheu ist.Höhere Pensionen, der Kinderbonus (hoffentlich für alle Kinder) und eine Steuerreform werden finanziert werden müssen. Da warten wir auf Details, da wird der erfahrene Manager Hartwig Löger sich schnell auf den oft irrationalen Politbetrieb einstellen müssen.

Auch der ORF muss reformiert werden, heißt es. Man kann dort Unfähigkeit in der Führung orten oder am Sinn eines öffentlich-rechtlichen Senders zweifeln. Aber wenn Strache "im Sinne der Objektivität Optimierungen" vornehmen will, kann man nur sagen: Hände weg. Das klingt nach Haider, der in den "Redaktionsstuben aufräumen wollte", also FPÖ-uralt.

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