Freundschaft – nicht mehr als ein Wort
Der Burgenländer Hans Niessl bricht ein Tabu. Ob er damit der SPÖ schadet, ist nicht mehr sein Problem.
Freundschaft – seit mehr als hundert Jahren gilt dieser Gruß unter Sozialisten und Kommunisten und ist nicht immer wörtlich gemeint. Freundschaft unter Parteifreunden, da ist zu Vorsicht geraten. Wobei zumeist die wenig liebevolle Intrige im Hintergrund eingesetzt wird, um sich zu nützen und anderen zu schaden. Im Burgenland ist das anders: Landeshauptmann Hans Niessl hat nie verborgen, dass er die FPÖ als Koalitionspartner schätzen würde, und angesichts der rekordverdächtig schnellen Einigung auf eine gemeinsame Regierung liegt der Verdacht nahe, dass da schon vor der Wahl einiges abgesprochen wurde.
Wie auch immer: Hans Niessl schadet seinen Parteifreunden natürlich, am meisten denen in Wien. Nicht zufällig kommen von dort die wütendsten Kommentare zum Tabubruch, bis hin zu Forderungen nach einem Parteiausschluss (mehr dazu hier).
Der SPÖ-interne Frust, mehr ist es noch nicht, ist verständlich. Was soll sich ein Wähler denken,wenn die einen Sozialdemokraten die FPÖ schlicht als "rechtsextremistisch" bezeichnen, andere aber "vertrauensvoll" mit ihr reden? In der Wiener SPÖ ist die Empörung groß darüber, dass eintreffende Asylwerber von Demonstranten bösartig empfangen werden, im Burgenland überlässt die SPÖ ausgerechnet den Sicherheitsbereich der FPÖ. Mehr Dissens innerhalb einer Partei geht nicht.
Wo bleibt der inhaltliche Streit mit der FPÖ?
Und das nächste Thema steht vor uns. Im Burgenland erklärt der neue FPÖ-Landesvize Tschürtz, er sei bei aller Kritik an der EU für die Zahlungen der Europäischen Union an sein Bundesland, immerhin 750 Millionen bis 2020. Dann werden wir sehen, meinte er. Was werden wir dann sehen? Eine Kampagne gegen die EU, wenn sie nicht mehr zahlt? Und Tschürtz hat auch nicht die Wahrheit gesagt, als er meinte, die FPÖ sei nicht für einen Austritt. Parteichef Strache am 19. Mai 2014 zum KURIER: "Ja, selbstverständlich bin ich dafür, die Österreicher über einen EU-Austritt zu befragen. " Er meinte dies am Rande einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Front-National-Chefin Marine Le Pen, die sich im KURIER den "Zusammenbruch der EU" gewünscht hat. Frau Le Pen sieht übrigens ausgerechnet in Russlands Putin den "Verteidiger der Zivilisation in Europa." Gestern befand sich Strache übrigens in Eisenstadt, wo er künftig mitreden wird, ob es Niessl passt oder nicht.
Umso genauer wird Rot-Blau beobachtet werden. Da wird es Zeit, dass SPÖ und ÖVP endlich damit beginnen, die politische Auseinandersetzung mit der FPÖ zu suchen: Über die anständige Behandlung von Asylwerbern, aber auch über sinnvolle Zuwanderung. Über den Unterschied von Kritik und Hetze im politischen Streit. Über die EU und die Folgen eines Austritts für Wirtschaft und Arbeitsmarkt. Aber auch über Fragen der Außenpolitik: Wie kann man Reisen zu Diktatoren wie dem Tschetschenen Kadyrow argumentieren? Das klingt mühsam, ist aber demokratisch notwendig.
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