Europa ein Projekt der Eliten? Leider nicht!

Elite-Schulen sind keine Garantie für Eliten, beweist Briten-Premier Cameron. Feilschen baut kein Europa.
Helmut Brandstätter

Helmut Brandstätter

Cameron hat nicht einen Funken historischer Größe gezeigt

von Dr. Helmut Brandstätter

über den britischen Premier

Verhetzung im Internet, das sogenannte Cybermobbing, ist inzwischen strafbar. Schlichte Blödheiten darf man weiter posten, richtigerweise, jeder darf sich auf seine Art blamieren. Also werden wir auch künftig wieder von der „EU-Diktatur“ lesen. Dazu ein kleiner Hinweis: Wer die Europäische Union als Diktatur empfindet, soll bitte nach Grosny, in die Hauptstadt Tschetscheniens fahren, oder irgendwo in Nordkorea oder in Simbabwe die dortigen Regime kritisieren. So könnte man lernen, was eine Diktatur ist.

Ein weiterer Unsinn: Das vereinte Europa sei ein Elitenprojekt. Eine Gruppe von Männern, die sich an das Völkermorden im 1. Weltkrieg erinnerte und den Wahnsinn des 2.Weltkriegs selbst erlebt hat, wollte den giftigen Nationalismus, der zum mörderischen Hass geführt hat, beenden. Dieser Elite verdanken wir eine Konstruktion, die jedenfalls im EU-Europa Kriege unmöglich macht. Heute vor 100 Jahren hat die Schlacht von Verdun begonnen. Fast ein Jahr lang haben Deutsche und Franzosen im Nordosten Frankreichs aufeinander geschossen. Es wurden nicht nur Hunderttausende getötet und verletzt, der Hass in der Mitte des Kontinents wurde durch die Hölle von Verdun nochmals angefeuert.

Helmut Kohl und François Mitterrand reichten einander im September 1984 über den Gräbern von Verdun die Hände, ein historisches Bild. Zwei Realpolitiker bewegten mit diesem großen Symbole mehr, als andere mit kleinlichen Verhandlungen. David Cameron, elitär erzogen und zum coward, also Feigling verkommen, wie die Briten sagen, hat jetzt in Brüssel nicht einen Funken historischer Größe gezeigt.

Die Angst vor EU-Gegnern hat vielleicht ein paar Vorteile für sein Land gebracht, aber wieder ein Stück Zukunft zerstört – das Europa der zwei Geschwindigkeiten wird kommen. Kanzler Faymann hat sich als Europäer bewährt, er sollte klar sagen, dass seine Regierung für weitere Vertiefung eintritt.

Die Kriege im Nahen Osten rücken näher

Wenn die EU-Spitzen eine europäische Elite wären, wenn sie an Kohl und Mitterrand heranreichen wollten, dann würden sie gemeinsam nach Griechenland fahren, dort Hotspots für Flüchtlinge errichten und die Bedeutung der EU-Außengrenzen demonstrieren. So schreiben sie einen einfältigen Brief an Österreich.

Die aktuelle Weltlage in einem Satz zusammengefasst: Die USA sind außenpolitisch bis zu der Wahl des neuen „Commander-in-Chief“ abgemeldet, China schwächelt, Putin amüsiert sich über den Streit in Europa und die Kriege im Nahen Osten können sich schnell über die Türkei in unsere Richtung ausbreiten. Da wären europäische Eliten gefragt, keine innenpolitischen Taktierer. Müssen die Kriege im Nahen Osten noch näher an uns heranrücken, damit wir erkennen, wie wichtig eine Gemeinschaft ist, die erstmals in der europäischen Geschichte Frieden und Freiheit als Grundlage unserer Existenz sieht? Wer die EU zerstört, liefert uns an fremde Mächte aus, die weder Frieden noch Freiheit wollen.

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