Eine Partei verwelkt in der Nokia-Falle

Die Grünen ruhten sich zulange auf ihren Lorbeeren aus. Werner Kogler übernimmt einen Herkulesjob.
Josef Votzi

Josef Votzi

Eine Partei verwelkt in der Nokia-Falle: Die Grünen ruhten sich zulange auf den Erfolgen von gestern aus.

von Josef Votzi

über das Aus für die Grünen im Hohen Haus

Dogmatisch, oberlehrerhaft, abgehoben. Ein Funktionärsklüngel, in dem Seilschaften den Ton angeben. Politik ist Nebensache, abschotten gegen innerparteiliche Konkurrenz alles. Toleranz und Zusammenhalt werden nur noch nach außen hin großgeschrieben. Diese Aura der Abgehobenheit strahlt das Führungspersonal dann auch aus. So beschreibt nicht ein Gegner, sondern ein Insider die Grünen. Ihr Aus im Hohen Haus kommt nicht aus heiterem Himmel. Die Grünen ruhten sich zu lange auf den Erfolgen von gestern aus. Sie hatten als Erste auf die Überlebensthemen Umwelt- & Klimaschutz gesetzt. Die Markenzeichen von einst sind heute Mainstream.

Wer so weit weg von der Wähler-Kundschaft agiert, landet in der Nokia-Falle. Das Handy aus Finnland hatte einst jeder in der Tasche, der cool sein wollte – bis es Apple & Co mit einem noch cooleren vom Markt fegten. Christian Kern hatte so ein leichtes Spiel hundertsechzigtausend grüne Leihstimmen zu kassieren. Den Rest erledigten Peter Pilz und Sebastian Kurz. Simple Schadenfreude wäre dumm und kurzsichtig. Wie schnell man etwa mit politischen Auslaufmodellen wie Hundstorfer & Khol in der Nokia-Falle landet, haben Rot und Schwarz seit der Hofburg-Wahl wohl noch schmerzlich in Erinnerung. Der gestrige Rücktritt von Lunacek & Felipe war so überfällig. Werner Kogler übernimmt nun den Herkulesjob, den Neustart zu steuern. Seine Krux: Nokia blieb bis heute ein Sammlerstück für Vintage-Fans. Sein Glück: In den Ländern haben die Grünen intakte Strukturen und herzeigbares Personal. Ob sie die plötzlich machtlose und unbeliebte Bundespartei bis zur nächsten Wahl durchfüttern und durchtragen wollen, muss sich erst weisen.

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