Die wahre Bedeutung politischer Aussagen

Könnte ja noch lustig werden, wenn der Wahlkampf richtig in Gang kommt. Wenn es nicht so traurig wäre.
Gert Korentschnig

Gert Korentschnig

Könnte ja noch lustig werden, wenn der Wahlkampf richtig in Gang kommt. Wenn es nicht so traurig wäre.

von Gert Korentschnig

über Politiker und Schauspieler

Vorwahlzeiten sind nicht nur ein gutes Betätigungsfeld für Intelligenzforscher, sie zwingen auch zu linguistischen Analysen. Was bedeutet eine politische Botschaft wirklich? Wie kommt sie beim Adressaten an? Und welcher Subtext steckt dahinter, also welche nicht wörtlich geäußerte, aber definitiv intendierte Gemeinheit? (Meistens handelt es sich ja um eine solche und nicht um eine Nettigkeit.)

In diesem Sinn ist ein Wahlkampf besonders theatralisch, denn auch Schauspieler sollten beim Einstudieren ihrer Rolle den Subtext stets präsent haben. Warum sollte das bei Politiker-Darstellern anders sein?

Nehmen wir als Beispiel einen Meister des Subtextes, H.-C. Strache, der auch diesbezüglich von seinen politischen Ahnen gelernt hat. Wenn er einen "Österreicher zuerst"-Wahlkampf ankündigt, schwingt als Botschaft mit: Um die anderen geht’s uns gar nicht, am liebsten hätten wir sie überhaupt nicht im Land. In eine ähnliche Richtung geht die Verwendung des Begriffes "Scheinstaatsbürgerschaften" statt "Doppelstaatsbürgerschaften", die suggeriert, dass sich jemand etwas erschwindelt habe. Faktenbasierte Debatten über Zuwanderung und das Gelingen von Integration? Fehlanzeige.

Wenn Minister Hans Peter Doskozil, ein politischer Gegner (in Hinblick auf den Subtext sollte man "Gegner" besser unter Anführungszeichen setzen), vorschlägt, Radpanzer nach Tirol zu verlegen, kann der Empfänger daraus lesen: Grenzen dicht, mir san mir, am besten keine Einmischung und -wanderung. Und wenn er sagt, "Das Heer ist für den Tag X vorbereitet", möchte man sich gar nicht erst ausmalen, was das bedeuten könnte.

Weg mit dem Luxus

Beim schwarz-türkisen Absender wiederum ist die Botschaft klar, wenn Sebastian Kurz die Schließung der Mittelmeerroute fordert – hier geht es nicht mehr um Hilfe für Flüchtlinge oder deren Verteilung, sondern um Signale nach innen. Und wenn der echte Innenminister, Wolfgang Sobotka, von "engen Fesseln des Datenschutzes" spricht, wird eine Errungenschaft gezielt zum Feindbild gemacht. Gemeint ist: Weg mit diesem Luxus, den können wir uns in Zeiten wie diesen nicht mehr leisten.

Dass man den SPÖ-Slogan "Ich hol mir, was mir zusteht" subtextmäßig in die Nähe von "Geiz ist geil" rücken kann, ist ebenso klar wie die jüngste Botschaft der schwarz-türkisen Forderung nach Erhöhung der Strafen für Gewalt- und Sexualtäter: Wir machen Law-and-Order-Politik (zumindest tun wir im Wahlkampf so).

Aber nicht nur Worte können Subtexte haben, sondern auch Handlungen. Die Positionierung von Quereinsteigern auf sicheren Listenplätzen vermittelt auch: Wir sind bei euch, liebe Wählerinnen und Wähler, und halten ebenso wenig von Profipolitikern. Stichwort "Liste": Wenn sich eine Partei nicht mehr Partei nennt, soll das wohl auch Distanz zur bisherigen Politik schaffen.

Nun ist ja a priori nichts falsch daran, mit neuen Zugängen und neuem Personal Themen aufzugreifen, von denen man annimmt, dass sie die Menschen bewegen. Leider scheint jedoch in der Politik die Überzeugung vorzuherrschen, dass Wahlen nur noch mit Emotionen zu gewinnen sind und nicht mehr mit Sachthemen.

Sehr ehrlich war diesbezüglich übrigens Neos-Chef Matthias Strolz im ersten ORF-Sommergespräch, als er über sinnmachende Jobs sprach und meinte: "Alles andere ist oasch". Da braucht es keinen Subtext mehr.

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