Die Gratis-Massenuni stiehlt Lebenszeit

Wenn die Politik das OGH-Urteil ernst nähme, müsste sie ab morgen grundlegende Reformen angehen.
Martina Salomon

Martina Salomon

Österreich hat sich nie dazu durchgerungen, ein innovativer Bildungs-Standort zu sein.

von Dr. Martina Salomon

über die Massen-Gratis-Uni

Österreich hat sich entschieden, ein extrem gut ausgestatteter Sozial-Standort zu sein. Dazu zählt auch, dass der Studienzugang unter allen Umständen gratis sein muss – auch wenn dies mittlerweile reinen Symbolcharakter hat. Österreich hat sich aber nie dazu durchgerungen, ein innovativer Bildungs-Standort zu sein. Im Uni-Bereich hatte Österreich das letzte Mal zu Beginn des vorigen Jahrhunderts Weltruf. Damals galt die „Wiener Medizinische Schule“ als vorbildlich. Und heute? Gibt es zwar Lippenbekenntnisse, die Akademikerquote erhöhen zu wollen. Doch an sehr vielen Universitäten wird den Hörern bis in hohe Semester hinein signalisiert, dass sie unwillkommen sind. Das ist die Kehrseite des angeblich freien (Gratis-)Zugangs.

Wer an eine (Privat-)Uni im angelsächsischen Raum aufgenommen wird, muss Hürden überwinden, hat dann aber eine hohe Chance, das Studium zu beenden. Die Lehrenden werden ihn oder sie dabei unterstützen. Auch an schwedischen oder finnischen (Gesamt-)Schulen bemühen sich Schüler um ein exzellentes Abgangszeugnis, wenn sie später studieren wollen. Denn für die Uni-Aufnahme wird beinhart selektiert.

In eine heimische Massen-Gratis-Uni stolpert man (mit Ausnahme von Fächern mit Aufnahmeverfahren) so nebenher hinein. Dafür muss man sich dann oft mühsam durchboxen, das grenzt oft an Schikane. Natürlich ist das nicht an allen Instituten, aber an viel zu vielen der Fall. Das kostet Semester. So gesehen ist das OGH-Urteil ein Tabubruch. Der Uni-Erhalter ist demnach verpflichtet, den jungen Leuten keine Zeit zu stehlen. Ein deutlicher Weckruf für die Politik – denn das ist im derzeitigen System leider so gut wie unmöglich.

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