Buhlen um Blau? Um deren Wähler, ja bitte?
Buhlen um Blau? Um deren Wähler, ja bitte?
Der Ort ist symbolträchtig: Als SPÖ-Kanzler Viktor Klima zur Jahrtausendwende entnervt kapitulierte, wurde in diesem Parteilokal in Wien-Leopoldstadt Karl Schlögl, Ex-Innenminister und Rot-Blau-Fan der ersten Stunde, als Klimas Nachfolger in Partei und Regierung verhindert. Dort treffen sich heute Nachmittag rote Funktionäre zu einem "SPÖ-Rettungskongress". Nach dem Burgenland soll eine Wiederholung des rot-blauen "Tabubruchs" (Franz Vranitzky) verhindert werden. Star in der Runde ist der streitbare Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler. Am Montag schwört Michael Häupl 700 Spitzengenossen gegen Blau ein (siehe Artikel hier).
Eine andere mächtige Runde traf sich schon vergangenen Dienstag. Sie legt traditionell keinen Wert auf Öffentlichkeit. Wolfgang Katzian, Chef der Fraktion sozialistischer Gewerkschafter (FSG), wollte die Seinen auf ein Nein zu Rot-Blau einschwören – und biss dort auf Granit. Mächtige Gewerkschafter von ÖGB-Chef Erich Foglar abwärts wollen sich die Hintertür zu Strache offenhalten.
Eingekeilt zwischen diesen Fronten gibt Faymann weiterhin Durchhalteparolen gegen Rot-Blau aus. Sie werden bald genauso schal klingen wie Faymanns Mantra für eine Millionärssteuer. Der letzte gemeinsame Nenner der Faymann-SPÖ ist dabei , sich in heiße Luft aufzulösen. Die Gruppe derer, die wie Niessl dem primitiven Machterhalt das letzte rote Hemd opfern würde, gewinnt mächtig an Boden. Die FSG, die einst massiv gegen Schwarz-Blau mobil machte, könnte Rot-Blau auch im Bund durchwinken: Wenn der starke Arm der Gewerkschafter es will, haben in der SPÖ alle anderen Pause. Nach Schwarz wird so auch Rot im Wettlauf um Strache buhlen und Blau endgültig zum Machtfaktor machen.
Die Angst um Jobs und Geld geht um
Einer nachhaltigen Antwort auf die Schlüsselfrage sind beide Noch-Regierungsparteien damit keinen Millimeter näher: Wie können sie den massiven Vertrauensverlust bei den Wählern wettmachen. Viele rote und schwarze Wähler laufen nur aus Notwehr zu Blau über: Sie fühlen sich im alltäglichen Kampf um Lebenschancen alleingelassen.Eine ernsthafte Debatte darüber, diesen FPÖ-Wählern und nicht deren Funktionären ein attraktives "Koalitionsangebot" zu machen, ist bisher nur bei den Grünen auszumachen. Tirols Ingrid Felipe plädiert dafür, dass "es viel mehr um soziale Sicherheit, wirtschaftliches Auskommen und um Lebensqualität gehen muss". Der grüne EU-Abgeordnete Michel Reimon proklamiert: "Wenn wir unsere Lösungen erklären wollen, müssen wir also auf einen ,guten Populismus‘ setzen."
Wie das praktisch geht, leben Dutzende Bürgermeister aller Parteilager vor. Sie haben in ihren Gemeinden vorbildliche Modelle zur Integration von Flüchtlingen entwickelt. Der KURIER stellt zum Abschluss seiner Serie heute die 50 besten Integrationsgemeinden vor (siehe Integrationsgemeinden). Österreich hat auf allen Ebenen des Landes couragierte Politiker verdient, die Menschen nicht gegeneinander aufhetzen, sondern beherzt zueinander bringen.
Kommentare