Berlin plant und Wien schweigt

Deutschlands Kanzlerin Merkel will den EU-Vertrag ändern und Reformen von den Ländern erzwingen.
Margaretha Kopeinig

Margaretha Kopeinig

Ihr Vorhaben bedeutet Abgabe nationaler Souveränität

von Dr. Margaretha Kopeinig

über Merkels Pläne

Triumphal in Deutschland wiedergewählt, will Angela Merkel jetzt auch ihre Führungsstärke in der EU zeigen. Ihre Vision von einem neuen Europa hat sie wenige Tage vor dem EU-Gipfel in Brüssel präzisiert: Die Euro-Gruppe oder gar alle 28 Mitglieder sollen eine Art europäische Wirtschaftsregierung bilden.

Substanzieller Teil dieses waghalsigen Projektes sind Verträge zu Reformen in der Beschäftigungs-, Wettbewerbs- und Sozialpolitik – auch im Gesundheits- und Pensionsbereich. Dabei kann die EU-Kommission den Ländern Vorschriften machen und deren Einhaltung auch kontrollieren, salopp gesagt: Die Kommission kann in die einzelnen Staaten hineinregieren.

Merkel weiß, dass ihre Pläne hochriskant sind, und dass sie mit großen Widerständen rechnen muss: Ihr Vorhaben bedeutet Abgabe nationaler Souveränität. Die Chefin der EU schielt dabei auch nicht auf die Europa-Wahl 2014, sie zieht ihren Kurs durch, so wie sie es während der Krise gemacht hat. Allein und überzeugend.

Die Wiener Regierung ist über die Ideen von Merkel ziemlich überrascht. Nach der Spiegel-Lektüre gibt es keine offizielle Stellungnahme. Kaum vorstellbar, dass Bundeskanzler Faymann und Vizekanzler Spindelegger ihrer Kollegin widersprechen werden. Auf einen offenen Konflikt lassen sie sich nicht ein – und wirkliche Gegenargumente oder Baupläne für eine neue Architektur Europas haben sie nicht.

Nicht allein von der Größe eines Landes, sondern von der Qualität einer Idee hängt es ab, ob und wie Europa weiter gebaut wird. Will die Koalition neu nicht noch mehr Wähler zu den EU-Gegnern treiben, wird sie gute Antworten auf Europa finden müssen.

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