99 Tage bis zur Wahl und 1 gute Nachricht

Erst Kern & Kurz, jetzt Griss & Co: So viele Charakterköpfe wie nie versprechen spannende Auswahl bis zum Schluss.
Josef Votzi

Josef Votzi

99 Tage bis zur Wahl und 1 gute Nachricht: Griss, Pilz, Dönmez & Co versprechen nun mehr als einen simplen Dreikampf.

von Josef Votzi

über die neue Startaufstellung im Wahlkampf

Bleibt es beim Zweikampf Kern/Kurz, oder mutiert er zum Dreikampf Kern/Kurz/Strache? Kommt es zur Götter-Dämmerung wie bei der Bundespräsidentenwahl, oder stehen dank neuer Führung und Neuanstrich Bewegungs-Festspiele an? In den Internetforen, wo zunehmend die Trolle der Parteien schon ihr Unwesen treiben, ist bereits Schlammcatchen angesagt.

99 Tage sind es ab heute noch bis zum Wahltag. Noch steht nicht einmal fest, wie viele Listen auf dem Stimmzettel stehen (Nennschluss ist Mitte August). Eines lässt sich seit dieser Woche aber schon mit Gewissheit sagen. Dieser Wahlgang wird kein traditionelles Match zwischen Parteien und Ideologien. Er wird ein Ringen zwischen einem einmalig großen Aufgebot an spannenden Personen: Mit Christian Kern, Sebastian Kurz, Heinz-Christian Strache, Ulrike Lunacek, Matthias Strolz, Irmgard Griss und (voraussichtlich auch) Peter Pilz stehen so viele Charakterköpfe wie noch nie auf Spitzenplätzen ihrer Listen/Bewegungen/Parteien zur Wahl. Das bietet nicht nur die Chance auf eine spannende Wahl-Auseinandersetzung, sondern auch auf eine echte Auswahl. Das ist 99 Tage vor dem 15. Oktober aus Wählersicht eine gute Nachricht.

Wie groß das Wenn und Aber noch ausfallen wird, haben die Kandidaten in der Hand. Sie haben allein Dutzende TV-Duelle zu bestreiten. Da zählen mehr äußere als innere Werte: Person steht vor Programm; Schlagfertigkeit vor Inhalt; Sympathie vor Tiefgang. Entscheidend wird sein, wer hinterher auch die auf allen Medienkanälen jeweils ausgetragene Debatte über die Performance von Kern, Kurz, Strache & Co gewinnt.

Stunde der Opposition schlägt beim Zieleinlauf

Heute wird das gemeinsame Antreten von Irmgard Griss und Matthias Strolz auch formal fixiert. Die Neos galten unter Demoskopen bis zum Last-minute-Einstieg von Griss als Fall für das Geschichtsbuch gescheiterter Parteien: Gut gemeint, aber nicht gut genug für den Sprung über die Vier-Prozent-Hürde. Jetzt sind die Überlebenschancen wieder mehr als intakt. Mitte Juli soll klar sein, ob Peter Pilz zudem die Szene aufmischt. Die Spaltung der Grünen in eine Liste Lunacek und Pilz könnte das gesamte Potenzial des links-alternativen Lagers am Ende gar besser ausschöpfen. Die kläglichen Überreste des Team Stronach sind bis zuletzt für eine Verzweiflungstat gut: Zaubert Robert Lugar im TV-Sommergespräch noch einen neuen, attraktiveren Listenführer aus dem Hut?

Schaffen es Stronachs Glücksritter tatsächlich, sich noch einmal stadtfein zu machen, dürfte es für die FPÖ über Nacht schwerer werden, einen Großteil der Stronach-Proteststimmen so gut wie sicher zu lukrieren. Strolz & Griss im Doppelpack wird eine Herausforderung für die Kurz-ÖVP, die schon mit heimatlosen Pinken kalkulierte, die keine verlorene Stimme riskieren wollte. Eine Liste Pilz schadet nicht nur Grün, sondern auch Rot.

Das verspricht alles in allem eine Startaufstellung, die bis zum Schluss mehr als einen simplen Zweikampf Kern/Kurz oder Dreikampf Rot/Türkis/Blau verheißt.

Kommentare