Kompromiss statt Blockade – das wär’ was

Reform heißt Veränderung. Aber dazu fehlt der Mut. Also werden wir weiter sehr hohe Steuern zahlen.
Helmut Brandstätter

Helmut Brandstätter

Reform heißt Veränderung. Aber dazu fehlt der Mut. Also werden wir weiter sehr hohe Steuern zahlen.

von Dr. Helmut Brandstätter

über die Regierung

Der Wähler hat immer recht. Zu diesem Satz gibt es in der Demokratie keine Alternative. Es ist somit müßig darüber nachzudenken, ob die österreichische Schwarmintelligenz besonders ausgeprägt ist. Denn die Wählerinnen und Wähler haben sich bei der letzten Nationalratswahl entschieden, die beiden ehemaligen Großparteien nochmals zu schwächen, sie aber mit zusammen 50,8 Prozent der Stimmen gerade noch einmal gemeinsam regieren zu lassen. Dabei hätten die Wähler wissen müssen, wo das hinführt: Zu einer Regierung des Stillstands, wo beide Parteien, ihrer jeweiligen Klientel verpflichtet, so tun, als könnten sie alleine etwas entscheiden. Können sie aber nicht. Beide können allerdings den jeweils anderen ausrutschen lassen, wie man in Wien sagt. Was bei den laufenden Verhandlungen zur sogenannten Steuerreform auch passiert, wie wir sehen.

Also richten SPÖ und ÖVP einander aus, was unbedingt sein muss und was sicher nicht infrage kommt. Das ist völlig absurd, weil eben beide Parteien von einer absoluten Mehrheit unendlich weit entfernt sind.

Und wenn es für zwei Schwache schon so schwierig ist, stark zu sein, könnten sie wenigstens den Blick in andere Länder richten, wo Reformen durchaus stattgefunden haben, zum Vorteil der Bürger.

Also sind sowohl die OECD als auch die EU-Kommission der Meinung, dass das Pensionsalter von Frauen und Männern angeglichen werden muss. Es kann ja wirklich niemand erklären, dass eine Deutsche in Passau bis 65 arbeiten kann und soll, eine Österreicherin im nahen Schärding aber schon mit 60 in Pension gehen darf. Sozialexperte Bernd Marin sah da im KURIER ein "hohes Sparpotenzial", das noch viel höher wird, wenn man es in die nächste Jahrzehnte vorausrechnet.

Ein Kompromiss muss nicht faul sein

Lehrreich ist der Blick nach Deutschland auch bei der Schenkungs - und Erbschaftssteuer. Die bringt dort rund 5,5 Milliarden Euro. Betriebe sind dann ausgenommen, wenn sie im Erbfall fortgeführt und Arbeitsplätze erhalten werden. Finanzminister Wolfgang Schäuble, ein schwäbischer Christdemokrat und sicher kein Feind der Wirtschaft, will jetzt die Bestimmungen noch etwas verschärfen, was die Einnahmen erhöhen könnte. Freilich zahlen die Deutschen ausgerechnet seit der rot-grünen Schröder-Regierung niedrigere Einkommenssteuern.

Wenn sich die SPÖ bei den Pensionen und die ÖVP bei der Erbschaftssteuer bewegten, wäre das ein Kompromiss, aber kein fauler. Ganz im Gegenteil, beide Maßnahmen würden guten Beispielen folgen. Aber leider sieht es danach aus, dass die Regierung für echte Reformen zu schwach ist und halt irgendwie das Geld zusammenkratzt, um eine Art Steuerreform darstellen zu können. Da werden dann Dividenden auf Aktien höher besteuert, nachdem man den Menschen jahrelang eingeredet hat, sie sollten privat vorsorgen. Ein Konzept, wie die Wirtschaft angekurbelt und die Sozialsysteme gesichert werden, ist nirgendwo erkennbar.

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