Ein Volkstribun und die Geschichte lassen grüßen

Milos Zeman bedient schamlos die Ängste und Feindbilder seiner Landsleute. Ein unfreundlicher Gruß aus einer ohnehin schwierigen Nachbarschaft.
Konrad Kramar

Konrad Kramar

Milos Zeman bedient schamlos die Ängste und Feindbilder seiner Landsleute.

von Mag. Konrad Kramar

über den Gewinner der Präsidenten-Wahl

Streit um die Beneš-Dekrete, wüste Nazi-Anschuldigungen gegen Karel Schwarzenberg und zum Abschluss noch ein Ex-Agent des kommunistischen Geheimdienstes als Geldgeber einer Zeitungsanzeige gegen den Konkurrenten: Der Linkspopulist Milos Zeman hat für seine Wahlkampagne eine schaurige Versammlung von Geistern aus der Vergangenheit zusammengerufen. Noch schauriger aber war es, zu beobachten, wie leicht und erfolgreich sich mit diesen Geistern auch in Tschechien Politik machen lässt. Das Thema Beneš-Dekrete und die Vertreibung der Deutschböhmen nach dem Zweiten Weltkrieg ruft tiefsitzende Ängste der Tschechen, vor allem in den Grenzgebieten, wach.

Dass Zeiten der Krise ein Freispiel für Populisten sind, vor allem für jene, die den Verlierern Sicherheit und Rache an den Bösen da oben versprechen, ist ein bekanntes Phänomen überall in Europa. Doch wie leicht sich mit der blutigen Geschichte des 20. Jahrhunderts noch heute Emotionen schüren lassen, erschreckt. Ist Tschechien doch kein Einzelfall: In Budapest träumt man großungarische Träume, in Polen bedient man bei Bedarf den Hass auf deutsche Minderheiten und sogar im reichen Südtirol kann man mit „Los von Rom“-Parolen Stimmung machen.

Gerade unsere Nachbarschaft mit den Tschechen hat sich bis heute – aller Mitteleuropa-Folklore zum Trotz – von Jahrhunderten gemeinsamer, schwieriger Geschichte nicht erholt. Dass der neue Präsident sich schamlos dieser Geschichte bedient, um Wahlkampf zu machen, ist kein gutes Vorzeichen für die kommenden Jahre. Es ist zu befürchten, dass auch in Österreich die Meister der bewährten Ressentiments gegen die bösen Tschechen schon bereitstehen, um rechts der Mitte ein paar billige Punkte zu machen. Fast kann man damit rechnen, dass der neue Herr in der Prager Burg ihnen schon demnächst einmal den Ball auflegen wird. Hoffentlich findet sich dann bei uns jemand, der den Mut hat, das misstönende Duett aus Linkspopulismus da und Rechtspopulismus dort zu unterbrechen – vielleicht sogar in unserer Hofburg.

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