Zündstoff: Wiener Visionen

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London präsentiert sich als perfekter Gastgeber. Wie es wohl in Wien aussehen würde?
Jürgen Preusser

Jürgen Preusser

Die Briten haben alles richtig gemacht. London ist ein perfekter Gastgeber der Olympischen Spiele. Von 70.000 Volunteers sind 69.999 extrem freundlich und hilfsbereit. Die neu errichteten Sportstätten sind keine gigantomanischen Monumente, die dann für die Ewigkeit leer stehen, sondern funktionelle Gebäude. Nicht alle sind von außen attraktiv, aber im inneren brodelt es. Da bekommt man die volle Ladung einer unvergleichlichen Sportbegeisterung ab und die bemerkenswerte Fachkompetenz der britischen Fans mit.

Die Auswahl der Austragungsorte für attraktive Freiluftbewerbe ist geradezu genial: Triathlon im Hyde Park vor rund 550.000 Zuschauern, Marathon und Radrennen durch ein Spalier von einer Million Menschen zum Ziel beim Buckingham Palast, Segelregatten im malerischen südenglischen Städtchen Weymouth, wo Zigtausende die Wiesen und Felsen belagern, während die Boote nur wenige Meter vor ihren Augen wenden und halsen.

In der gewaltigen Metropole wurde ein Transportsystem aufgezogen, das einem logistischen Weltwunder gleicht: 19.000 U-Bahn-Mitarbeiter auf einem Netz von 402 Kilometern und 270 Stationen fühlen sich als Teil der olympischen Familie. Die Fahrer der unzähligen Stockbusse, die auf den Olympic Lanes fast unbehindert durch London rasen, sind eine Mischung aus Testpilot und Reiseführer. Und jeder kennt sich im Sport aus.

Szenenwechsel: Angenommen Wien bewirbt sich für Olympische Spiele. Zuerst müsste einer der vielen ahnungslosen Politiker sagen, dass dies möglich sei. Wenn wir theoretisch Winterspiele auf die Beine stellen können, dann können wir auch Sommerspiele ausrichten, wäre eines der Argumente. Nicht wissend, dass im Sommer 204, im Winter aber nur 82 Nationen teilnehmen. Dann würde das Ernst-Happel-Stadion gepriesen werden, das Dusika-Radstadion und das Stadionbad. Einer parteinahen Baufirma würde ohne Ausschreibung der Auftrag zur notdürftigen Renovierung gegeben werden, die natürlich mehr kosten würde als der Neubau Olympia-tauglicher Anlagen.

Irgendwann würde man draufkommen, dass man ein paar Mehrzweckhallen brauchen könnte, dass die Infrastruktur weiter verbessert werden müsste, dass ein olympisches Dorf gebaut werden sollte, das auch noch nach den Spielen sinnvoll genützt werden kann.

Dann würde man eine Bewerbung um ein paar Steuermilliarden in die Welt setzen, die Lobbyisten- und Bestechungsgelder würden aber in die Taschen der üblichen Verdächtigen fließen, weil man die Aussichtslosigkeit des Unterfangens zu guter letzt doch erkannt hätte. Unter anderem, weil sich nicht 70.000, sondern 700 Volunteers gemeldet hätten.

Letztendlich würde die großartige Bewerbung abgeschmettert werden.

Und womit? Mit Recht.

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