Zündstoff: Kapitulation im Kampf gegen Korruption

Transparency International ist aus dem Anti-Korruptions-Programm der FIFA ausgestiegen.
Jürgen Preusser

Jürgen Preusser

Soweit zum Thema Selbstreinigung der FIFA: Transparency International ist aus dem Projekt ausgestiegen. Wegen sportlicher Wertlosigkeit. Durchaus denkbar, dass sogar der Diktator einer Bananenrepublik an einem solchen Vorgang scheitert. Nicht so der FIFA-Präsident. Die gemeinnützige, gut beleumundete und weltweit agierende Organisation Transparency International (TI) hat aufgegeben, weil der Kampf gegen die Korruption innerhalb des Fußball-Weltverbandes offenbar nicht zu gewinnen ist. TI wurde als beratende Instanz angeheuert und in den vermeintlichen Selbstreinigungsprozess eingebunden. Sogar FIFA-Zar Josef Blatter gab dazu seinen Segen. Doch schon bei der Besetzung des neuen Governance-Komitees, das die Aufgabe hat, die Korruption einzudämmen, wurde keine Wahl vorgenommen, sondern ein Antikorruptions-Experte (Mark Pieth) von Blatter persönlich eingesetzt. Damit war die für TI inakzeptable Richtung vorgegeben: Keine unabhängige und externe Aufarbeitung der dubiosen Vergangenheit und Gegenwart, sondern nur halbherzige Vorsichtsmaßnahmen für die Zukunft. Also keine Arbeitsbasis für Transparency International. TI bezweifelt gar nicht, dass Pieth ein Fachmann ist, der sehr wohl weiß, was innerhalb der FIFA vorgeht. Dass er jedoch unabhängig und radikal wirksame Maßnahmen vorschlagen könne, wird völlig ausgeschlossen: Pieth sei ein Teil des Systems. Veränderungen können weiterhin nur beim FIFA-Kongress oder von der FIFA-Exekutive beschlossen werden. Die große Säuberungswelle wird dadurch zur peinlichen Farce. Eine weitere schwere Niederlage für Blatter. Unglaublich, was dieser Mann alles überlebt. Blatter ist übrigens auch Mitglied des IOC, das seiner FIFA zuletzt immer wieder als Vorbild für Selbstreinigung vor die Nase gehalten wurde. Dieser sehr naive Vergleich bleibt Blatter ab sofort wohl für einige Zeit erspart: Der frühere Direktor des Olympischen Museums in Lausanne, Hiroshi Grieder, befindet sich in Untersuchungshaft. Das IOC sei schockiert: 1,4 Millionen Euro seien unterschlagen worden. Die Schweizer Behörden ermitteln nicht nur gegen Grieder. Das IOC hat inzwischen drei Personen gefeuert, die mit den Finanzen des Museums zu tun hatten. Außerdem treten der Finanz- und Verwaltungsdirektor des IOC, Thierry Sprunger, sowie der Protokollchef, Paul Foster, zurück, obwohl die nicht zu den Beschuldigten zählen. Die Vorfälle, die sich im nächsten Umfeld des IOC-Hauptquartiers in Lausanne zugetragen haben, sind wohl die härteste Prüfung für die angebliche Transparenz im Olympischen Komitee seit den späten Neunzigerjahren. Damals flog der rekordverdächtige Bestechungsskandal um die Vergabe der Olympischen Winterspiele 2002 an Salt Lake City auf. In der Folge mussten zehn IOC-Mitglieder zurücktreten. Der beschlossene Fünfzig-Punkte-Plan zur Korruptionsbekämpfung wird von Kritikern jedoch seither nur als oberflächliche Maßnahme gesehen, die bestenfalls die unverfrorene Offensichtlichkeit der Bestechungsvorgänge verschleiert. Im sportlichen Wettkampf gegen die Korruption sind die Guten jedenfalls genauso 100:1-Außenseiter wie im Marathon gegen Doping.

Kommentare