Zündstoff: Eine Medaille für den toten Bruder

Zündstoff: Falsches Täter-Profil
Nach einem persönliche Schicksalsschlag wurde Olympia für Delle Karth/Resch zur Nebensache.
Jürgen Preusser

Jürgen Preusser

Es sind keine Schlagzeilen, sondern nur Randnotizen. Und die tun trotzdem weh: " Delle Karth enttäuschte", "WM-Pleite für Nico und Niko" oder "Österreichs Olympia-Duo bei WM chancenlos". Doch sie tun lang nicht so weh wie das, was davor geschah.Freitag kämpften sich Nico Delle Karth und Niko Resch bei der 49er-WM vor Zadar (Kroatien) auf den 14. Platz vor. Die Chancen auf einen Spitzenplatz waren fünf Wettfahrten vor Schluss zwar noch vorhanden, aber nur klein. Das Zwischenergebnis – zweifellos zu wenig für einen der heißesten österreichischen Medaillen-Tipps bei den Olympischen Spielen in London. Oberflächlich betrachtet.

Der Schock

Hinter der durchwachsenen Regatta verbirgt sich ein Schicksalsschlag. Ende April, kurz vor den Weltcup-Regatten in Palma de Mallorca und Hyères, erfuhr Nico vom Tod seines Bruders. Der um fünf Jahre ältere Jörg (31) war Berufspilot. Bei einem Arbeitseinsatz im afrikanischen Staat Gabun verfing sich die Trosse seines Hubschraubers an einem Lastwagen. Der Helikopter stürzte ab. Jörg Delle Karth und sein französischer Co-Pilot starben am Unfallort.Der Schock saß tief: "Jörg war nicht nur mein älterer Bruder, sondern Vorbild und guter Freund", sagte Nico. Kurzfristig schien das Projekt Weymouth – so heißt das olympische Segelrevier – gefährdet. Ganz nebenbei: Auch Niko Resch war mit Jörg von klein auf sehr gut befreundet. Das Lebensziel der beiden, im Sommer eine Olympia-Medaille zu holen, wurde plötzlich zur Nebensache. Zumindest bis zum Entschluss, es trotzdem zu versuchen. Klingt kitschig, aber sie trafen ihn auch für Jörg.Nico und Niko nahmen vier Wochen Auszeit, verzichteten auf die beiden Weltcup-Regatten und stiegen erst bei der WM wieder ins Geschehen ein. Das Jetzt-erst-recht-Feeling will sich einstweilen nicht so richtig durchsetzen. Zu oft wird Nico durch die Familie und durch Behördenwege von diesem Schicksalsschlag eingeholt und abgelenkt.

Dazu kommt der Trainingsrückstand: Im Herbst war Nico Delle Karth wegen eines Seitenbandrisses für fünf Wochen ausgefallen. Kaum einer hatte ihm und seinem Vorschoter damals die direkte Olympia-Qualifikation zugetraut – die beiden schafften sie trotzdem fast mit links.Darum darf man das Duo, das bis vor Kurzem Nummer 1 der Weltrangliste war, nicht an diesem WM-Ergebnis messen. Die beiden Tagessiege, die sie vor Zadar trotz allem errungen haben, sagen mehr über die wahre Stärke von Nico & Niko aus.Eine Erfolgsstory, die auf die Tränendrüsen drückt, ist jedenfalls absolut nicht ausgeschlossen.

Kommentare