Zündstoff: Der erste Jeiertag
Dieser Fehlstart ist bemerkenswert und steigerte die ohnehin bescheidenen Medaillenhoffnungen nicht wirklich.
Schützin Stephanie Obermoser verfehlt das Finale der besten acht zwar nur um zwei Ringe, doch in diesem Sport sind das Welten: Platz 19. Teamkollege Thomas Farnik verletzt sich vor dem ersten Einsatz bei seinen sechsten Spielen beim Lauftraining.
Die Beachvolleyball-Damen Doris und Stefanie Schwaiger gewinnen den ersten Satz gegen zwei Tschechinnen ganz klar, verlieren das erste Match aber 21:10, 13:21, 13:15. Die Herren Clemens Doppler und Alexander Horst verpassen mit dem 21:19, 17:21, 14:16 gegen die Brasilianer Emanuel/Alison eine Sensation.
Ludwig Paischer landet nach einem Sieg gegen einen Mann aus Benin gegen einen der Favoriten unsanft auf der Matte: Aus für den Silbergewinner von Peking 2008. Sein Bezwinger Rischod Sobirow aus Usbekistan holt Bronze.
Fabian Leimlehner, Österreichs erster olympischer Turner seit 1960, rutscht nach einem schwierigen Sprung vom Reck und damit auf Rang 25 ab.
Im Badminton kassiert Simone Prutsch eine ebenso empfindlich klare Niederlage wie Michael Lahnsteiner.
Birgit Koschischek schwimmt über 100 Meter Schmetterling auf Rang 37 von 42 und wird ebenso wie Jördis Steinegger (400 m Lagen) Letzte im Vorlauf. David Brandl (200 m Kraul) wird 27.
Rad-Profi Bernhard Eisel war nicht in eigener Sache unterwegs, sondern als Wasserträger für Kapitän Cavendish. Leider scheiterte auch das Unternehmen Gold der Briten vor einer Million Zuschauer. Immerhin: Eisel kam auf Rang 36; der Luxemburger Laurent Didier belegte nur Rang 64. Und Siege über Luxemburger sind in der Welt des Sports bekanntlich nichts Selbstverständliches.
Tamira Paszek, die erst durch diplomatische Intervention ihres Managers und Tennispräsidenten Ronnie Leitgeb überhaupt einen Startplatz bekommen hatte, verliert nach 2:02 Stunden harten Kampfes gegen die schwächer eingestufte Französin Alize Cornet 6:7, 4:6 und scheidet – diesmal ohne jede Interventionsmöglichkeit – aus.
Jürgen Melzer und Alex Peya waren gegen die schottischen Brüder Andy und Jamie Murray ebenfalls schon auf der Verliererstraße. Doch sie drehten den Spieß um und wahrten ihre Medaillenchance mit 5:7, 7:6, 7:5. Neben den Erstrunden-Siegen von zwei chinesischstämmigen Tischtennisspielerinnen und einem chinesischstämmigen Tischtennisspieler war der Sieg des Tennis-Doppels das einzige rot-weiß-rote Erfolgserlebnis. So früh Bilanz zu ziehen, ist voreilig und unfair. Doch Tag 1 war einer der wenigen Großkampftage für Österreicher – und der ist kräftig in die Hose gegangen. Und das Österreich-Haus im ehrenwerten Trinity House beim Tower of London dient vorerst nicht als Feierstätte, sondern als Jeierstätte.
Ein feudales Österreich-Haus und das Bestreben der ÖOC-Führung, die Fehler der Vergangenheit nicht noch einmal zu begehen, sind nicht einmal im Ansatz eine Garantie dafür, dass sich die österreichische Sportszene schlagartig in ein Goldbergwerk verwandelt.
juergen.preusser@kurier.at
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