Sommerkino

wunder WELT: Kreislauf
wunder WELT: Joachim Lottmann über die Entscheidung einen Film ein zweites Mal zu sehen.
Joachim Lottmann

Joachim Lottmann

Im Sommer geht man gern ins klimatisierte Kino, und da der August so heiß war, haben wir schon alle Filme gesehen. Jetzt ist die Frage: Welchen schauen wir uns ein zweites Mal an? Woody Allens grandioses „To Rome with Love“ liegt erst wenige Stunden zurück, geht daher nicht. Vielleicht die Doku über Woody Allen selbst? War leider fad, wie alle Dokumentationen über Genies. Sie finden den Punkt nicht und psychologisieren herum. Ah, wie wäre es mit Batman? Die Maria flippt fast aus: „Die ganze Zeit war er krank, der Christopher Nolan, also der Batman, erst Rückenschmerzen, dann noch noch was, der hat die Welt überhaupt nicht gerettet!“ Das stimmt. Außerdem hat die Technik in diesen IMAX-Kinos den Nachteil, alle Gesichter in Großaufnahme derart peinlich hässlich aussehen zu lassen, dass es ein Graus ist. In 3-D sieht man halt jeden Pickel. Also weiter, und jetzt lieber einen ehrlichen Film. Wo der Held wirklich was leistet. Aus Frankreich war „Wollen wir nicht alle zusammenziehen?“, doch den habe ich bereits zwei Mal – auf Marias drängen – ertragen. Sie steht auf sowas. Oder den Trintignant-Streifen von Michael Haneke: Alter, Einsamkeit, Demenz, Tod, das fesselt sie total. Das ist so menschlich. Deswegen haben wir auch beide July-Delpy-Filme geguckt. Also „2 Tage in N.Y.“ und „Familientreffen“. Und natürlich „Der Vorname“. Wieder aus Frankreich. Wieder so menschlich. Gute, anrührende Filme, vor allem „Der Vorname“, da bleibt kein Auge trocken, gerade, wenn man selbst Familie hat, aber bitte nicht nochmal. „Meinst du, wir werden nicht alt?!“, entgegnet sie gereizt. „Ja, eh! Deswegen können wir den Haneke-Demenz-Film noch ganz oft sehen!“ Und jedesmal werden wir denken, es sei zum ersten Mal. Aber heute, noch ohne Demenz, preferiere ich „The Rum Diary“ von Hunter S. Thompson. Da trinkt sich auch einer die Birne weg, bis ins Koma. Aber es ist wenigstens Johnny Depp!

joachim.lottmann(at)kurier.at

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