Very British: Wo die Liebe hinfällt
Die Herren Uderzo und Goscinny, die geistigen Väter von Asterix und Obelix, haben sich schuldig gemacht. Sie zeichneten nämlich ein gar dümmlich Bild von den Insulanern, die, angeführt von Sebigbos, grausliches Essen zu sich nehmen und heißes Wasser mit einem Schuss Milch trinken. Der Satz "Die spinnen, die Briten" hat sich in die Kleinhirnrinde gebrannt. Unwiderruflich.
Dabei sind die Briten ganz normale Leute wie du und ich. Wie Everard Cunion. Everard und seine Frau sind getrennte Wege gegangen. Die Ehe hatte gerade einmal drei Jahre gehalten. Nach der anfänglichen Euphorie machten sich bald Abnützungserscheinungen breit, bis die Luft endgültig draußen war.
Weil das Single-Dasein seine Sache nicht ist, machte sich der 55-Jährige rastlos auf die Suche nach einer neuen Partnerin und wurde in einem Geschäft fündig. Es war Liebe auf den ersten Blick. Als der 55-Jährige seine Angebetete das erste Mal sah, konnte er kaum noch klar denken. Die Chemie stimmte perfekt. Er war beeindruckt von den langen blonden Haaren, den blauen Augen, den vollen roten Lippen, die ihn an ein Stopp-Schild erinnerten. Sie ließ sich nicht lange bitten, und bald, nach ein paar heißen Nächten, beschlossen die beiden zu heiraten.
In einer offenen, weißen Kutsche fuhr das Brautpaar durch das englische Städtchen Dorset. Sie, selbstverständlich ganz in Weiß, trug einen Spitzenschleier; er, passend dazu, hatte sich einen weißen Anzug gekauft, der die pinkfarbene Krawatte besonders gut zur Geltung kommen ließ.
Doch in ihren Augen war Wehmut zu erkennen. Der starre Blick drückte Unsicherheit aus. Was, wenn Everard doch nicht der richtige Mann ist? Wenn er nicht weiß, dass eine Beziehung aus Geben & Nehmen be-steht? Wenn er mich nur ausnutzt? Dann ist es besser, ich halt den Mund. Er wird schon sehen, was er davon hat!
Wahrlich, das Leben ist hart. Als aufblasbare Gummipuppe.
harald.schume@kurier.at
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