"Oida", ein Zauberwort

Guido Tartarotti

Guido Tartarotti

Damit ist klar: „ Oida“ ist pure Philosophie.

von Guido Tartarotti

die Wiener Dialekt-Variante von „Alter“

Unlängst haben wir hier über „Oida“ geplaudert. Also über jenes Wort, welches ursprünglich die Wiener Dialekt-Variante von „Alter“ darstellte, heute aber – vor allem von Jugendlichen – geschlechts- und bedeutungsneutral verwendet wird. „Oida“ kann faktisch alles heißen. „Alter“ und „Alte“, aber auch „Mist“ oder „Nicht wahr!“ oder „Du stellst hier aber ein üppiges Dekolleté zur Schau!“ oder „Schau an, so betrunken bin ich also schon, dass die Schwerkraft übermächtig zu werden droht“ oder „Ich sag jetzt halt irgendwas, denn die drückende Stille wird mir unerträglich, ich würde ja lieber rülpsen, aber ich kann im Moment nicht, außerdem fällt mir gerade ein, ich wollte doch Klopapier einkaufen und mit der Tschakweline Schluss machen, egal, mach ich das halt morgen“.

Unsere Leserin Lydia N. – laut Eigendefinition „Migrantin in 26. Generation“ – weist mich außerdem darauf hin, dass „Oida“ a) unter Migranten eine Art Zauberwort darstellt, welches identitätsstiftend wirkt, und b) auf Altgriechisch „ich weiß“ bedeutet. Das kann kein Zufall sein: Schon Sokrates sagte ja „Ich weiß, dass ich nichts weiß“ (bzw. eigentlich „dass ich nicht weiß“). Damit ist klar: „Oida“ ist pure Philosophie.

Als ich in den achtziger Jahren ins Gymnasium ging, war „Oida“ schon gebräuchlich, wenn auch noch nicht so allgegenwärtig wie heute. Wobei ich das Vergnügen genoss, meine Gymnasiumsjahre in zwei Schulen abzusitzen, die als besonders schnöselig galten. An diesen Schulen sagte man nicht „Oida“, sondern „Eugen“, wobei das „Eu“ so richtig in der Nase vibrieren und das „gen“ tonal in die Höhe hüpfen musste, also etwa so: „EuuuuuuuuGÄNN!“ Das klang so merkwürdig, dass ich viele Monate lang „Eugen“ zwar verwendete, aber den Zusammenhang mit „Oida“ nicht begriff. Zum Thema Eugen vielleicht demnächst mehr.

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