Putz-Meditation (hilft!)

Was tun Sie, um Angst zu bekämpfen? Ich: putzen.
Guido Tartarotti

Guido Tartarotti

Was tun Sie, um Angst zu bekämpfen? Ich: putzen.

von Guido Tartarotti

über das Wegwischen der Angst.

Was macht Ihnen Angst? Mir: Fliegen; Arztbesuche (lustigerweise ausgenommen Zahnarzt, da ich noch nie beim Zahnarzt nennenswerte Schmerzen hatte, konnte ich keine Angst vor ihm entwickeln, zumal mein Zahnarzt eine Zahnärztin und alte Freundin ist); und Termine, die mich zwingen, unter vielen Menschen zu sein und vielleicht sogar Small Talk zu führen (Small Talk ist das Entsetzlichste überhaupt).

Was tun Sie, um die Angst zu bekämpfen? Ich: putzen.

Wenn ich einen Flug, einen Arztbesuch oder einen Small-Talk-Termin auch mit größter Geschicklichkeit nicht mehr vermeiden kann, putze ich vorher meine Wohnung.

Die monotone und natürlich zutiefst uninteressante Tätigkeit des Saugens, Wischens und Schrubbens dreht das Gehirn und damit die Angst verlässlich und aufs Befriedigendste ab. Man wird zu einer Art sinnlosem Gemüse, das die Intelligenzleistung einer Angstreaktion gar nicht erbringen kann. Und man kann sich dabei der Illusion hingeben, dem Drang des Universums zum größtmöglichen Chaos – wenn ich mich an die Reste meiner Schulbildung richtig erinnere, nennt man das „Entropie“ – zumindest kurzfristig Ordnung entgegengehalten zu haben.

Angenehmer Nebeneffekt: Sollte ich Flug/Arztbesuch/Small Talk nicht überleben, hinterlasse ich wenigstens eine saubere Wohnung. Zweiter angenehmer Nebeneffekt: Sollte ich Flug/Arztbesuch/Small Talk – wider Erwarten – überleben, kann ich mich auf eine strahlend saubere Wohnung freuen. Denn so sehr ich Aktivitäten schätze, bei denen man moralisch und/oder buchstäblich so richtig dreckig wird, so sehr schätze ich den Aufenthalt in sauberen Räumen.

Falls ich demnächst Kurse namens „Putz-Meditation“ anbiete, bei denen die Teilnehmenden meine Wohnung sauber machen und dafür obszön viel Geld bezahlen müssen, sollte es Sie nicht überraschen.

Guido Tartarottis Kabarettprogramm "Selbstbetrug für Fortgeschrittene" ist am 2. Dezember im Theater am Alsergrund, am 20. November in der Kulisse Wien und am 9. Jänner 2018 im Orpheum Wien zu sehen.

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