Zurück in die Zukunft

Wolfgang Winheim

Wolfgang Winheim

Alle kuschten aus Existenzangst vor dem Geldgeber

von Wolfgang Winheim

über Schnee von (vor)gestern

Ob Nationalteam oder Klubs, ob WM-Qualifikation oder Europacup – der im leichten Aufwind befindliche österreichische Fußball wird immer wieder von seiner Vergangenheit eingeholt.

Vor 40 Jahren

... schon waren die Schweden die Gegner in einem entscheidenden Qualifikationsmatch. Damals kam’s vor nur 5000 Zuschauern zum Stechen auf neutralem Boden im alten Parkstadion von Gelsenkirchen. Damals waren (Torschütze) Roland Hattenberger, Franz Hasil, Hans Krankl und Kollegen im Schneegestöber die bessere Mannschaft. Und damals stand manchen Spielern danach in der Kabine der Schaum vorm Mund. Nicht nur aus Wut über das unglückliche 1:2, sondern weil einigen weiße Aufputschpillen verabreicht worden waren. Schnee von vorgestern.

Vor 30 Jahren

... warf die Austria den FC Barcelona samt Diego Maradona im Camp Nou aus dem Europacup. Dank eines 1:1, das aufgrund der Auswärtstorregel (erstes Spiel 0:0) den Aufstieg bedeutete. Doch nach der Rückkehr mussten Torschütze Gerd Steinkogler, Felix Gasselich, Alfred Drabits und Ernst Baumeister zum Rapport. Klubchef Joschi Walter wollte wissen, warum die Austria solche Leistungen nur im Europacup und nicht auch in der Meisterschaft zeige. Eine Frage, die nach Austrias bemerkenswertem 0:0 in St. Petersburg soeben wieder Aktualität bekam.

Vor 20 Jahren

... setzte die Salzburger Austria via Lissabon und Antwerpen zu einer sensationellen Serie an, die im Europacup-Finale enden sollte. Mit Spielern, die Heldenstatus erlangten und heute die unterschiedlichsten Jobs ausüben. Tormann Otto Konrad sitzt als Abgeordneter im Salzburger Landtag. Wolfgang Feiersinger ist Hüttenwirt in Tirol, Heribert Weber Analytiker bei Sky, Leo Lainer Scout bei Red Bull, Nikola Jurcevic Co-Trainer in Istanbul, Kurt Garger Trainer-Sportdirektor der Vienna. Christian Fürstaller, der selbst als Finalist nie Profi war, leitet eines der größten Transportunternehmen Österreichs. Adi Hütter vollbringt als Grödig-Trainer kleine Wunder. Peter Artner zog einen Handel mit exklusiven Glaswaren und Thomas Winklhofer einen mit Fußball-Utensilien auf. Martin Amerhauser trainiert Voitsberg, Heimo Pfeifenberger coacht Wiener Neustadt. Und Hermann Stadler fliegt morgen als ÖFB-Coach mit der U 17 zur WM-Endrunde nach Katar.

Vor zehn Jahren

.... wurde die Wiener Austria (auch vom KURIER) medial verprügelt, weil es die Violetten wagten, gegen Dortmund 1:2 und 0:1 zu verlieren. Noch in derselben Saison kam auch für Trainer Joachim Löw das Aus. Angeordnet vom Fußball-Weisen Frank Stronach, der über den heutigen deutschen Bundestrainer sagte: „Dieser Mann hat no Winner-Mentalität.“ Alle kuschten aus Existenzangst vor dem Geldgeber, der der Austria letztlich doch die Gunst entzog.

Vor fünf Jahren

... kaufte Stronach für Neustadt die Liga-Lizenz von Schwanenstadt, nahm zuvor der Austria bei seinem Abgang die besten Spieler weg, leitete sie zu Wiener Neustadt um, versprach dort ein neues Stadion. Und heute? Kein Stronach mehr, keine Millionen, kein Stadion. Aber ein Klub, der sich immer noch im Oberhaus hält und um 19 Uhr Rapid empfängt.

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