Solang bis sich irgendwann keine Masochisten mehr finden

von Wolfgang Winheim

über Österreichs Schiedsrichter und warum sie leiden (müssen)

Freitagabend beim Linzer Zweitliga-Derby, das der Tabellenletzte Blau-Weiß vor 5050 Besuchern wider Erwarten 2:0 gegen den LASK gewinnt:

Dem Favorit bleibt der Anschlusstreffer versagt, obwohl der Ball in der 85.Minute hinter die Linie des BW-Tores rutscht.

Der Wiener Schiedsrichter Julian Weinberger und sein Assistent haben die heikle Szene anders bzw. gar nicht gesehen.

Das darf nicht passieren, sagen LASK-Spieler und LASK-Anhänger und pudeln sich heftig über die Spielleitung auf.

Das kann passieren, meint unsereiner als neutraler Beobachter und verweist zum x-ten Mal darauf, dass jeder TV-Konsument dank Zeitlupen-Wiederholungen leicht der G’scheitere sein kann.

Das wird nicht mehr passieren, garantieren selbstbewusst die Verantwortlichen der deutschen Bundesliga, seit die sich vor dem heurigen Sommer – wie bei der WM 2014 schon die FIFA – zur kostenintensiven Installierung der Torlinientechnik entschloss.

Mit unterschiedlichen Methoden namens Hawk Eye und Goalcontrol klären bis zu 14 Kameras plus Sensoren im Spielgerät blitzschnell die Streitfrage, ob der Ball hinter der Linie war oder nicht.

In den Niederlanden lotet man die technischen Möglichkeiten mittlerweile noch intensiver aus. Soeben verdankte dort in der Cup-Partie Ajax AmsterdamWillem II Tilburg, der Tilburger Treter Anour Kali die Rote Karte einem Video-Referee, der vor sechs Bildschirmen in einem TV-Übertragungswagen auf dem Parkplatz vor der Amsterdam-Arena saß.

Der Hauptreferee auf dem Stadionfeld, per Headset mit seinen Helfern verbunden, befolgte den Rat vom Mann aus dem Ü-Wagen. Danny Makkelie schloss – mit einer Zeitverzögerung von 85 Sekunden – den zunächst nur mit Gelb bestraft gewesenen Übeltäter aus.

In Österreich, wo bekanntlich alles ein bissel länger dauert, werden derlei Methoden allein schon aus Geldmangel erst in ein paar Jahren kopiert werden. Und wenn, dann auch nur in der Profi-Liga, während an der Basis weiterhin über die Schiedsrichter gemault werden kann. Solang bis sich irgendwann keine Masochisten mehr finden, die sich um ein paar Euro Sonntag für Sonntag beschimpfen lassen.

In Niederösterreich, wo trotz der schönsten Plätz’ oft eine besonders raue Atmosphäre herrscht, denkt das Schiedsrichterkollegium rund um den ehemaligen Top-Referee und nunmehrigen ORF-Regelexperten Thomas Steiner allen Ernstes dran, Schüler-Meisterschaftsspiele nicht mehr zu besetzen. Wobei neben Personalmangel unerträglicher elterlicher Ehrgeiz Grund für das Vorhaben ist.

Aus Deutschland sind ähnliche Klagen zu hören. Auch dort benehmen sich an der Seitenlinie immer mehr Erwachsene schlimmer als Kinder.

Kommentare