Der Lieblingsort der Österreicher

Auch wenn die Trainingsresultate nicht auf ÖSV-Festspiele hindeuten: Gröden gilt als Lieblingsort der Österreicher. Absurderweise hat dort ihr Allerbester nie gesiegt. Die Saslong war nicht des Hermann Maiers Bier. Das vorweihnachtliche Grappa-Wetttrinken im Hotel Wolkenstein fand meist ohne seine Fans statt. In dem altehrwürdigen Bau in St. Christina wohnte das Team schon, ...

... als dort Franz Klammer nach einer Injektion aus Panik mit der wippenden Nadel im nackten Gesäß dem Teamarzt davonrannte;

... als Harti Weirather sich beim Herumschnitzen am Skischuh mit einem Jagdmesser die Schlagader aufriss;

... als Klammer, Kamel-Buckel-Überflieger Uli Spieß und Werner Grissmann vor der einzigen Telefonzelle um die Poleposition stritten;

... und als der Spruch von Marc Girardellis Trainervater „Hauptsach’, die Skier laufen und die Trainer saufen“ noch permanent Gültigkeit besaß.

Nicht nur einmal ist’s in Wolkenstein passiert, dass ein erschöpfter Chefcoach aufs Zimmer getragen werden musste. Zumal es ungewöhnlich viel zu feiern gab. Allein Klammer, dessen handsignierte Schwarz-Weiß-Fotos noch heute die Hotelwände zieren, hat auf der Saslong vier Abfahrten gewonnen und damit ganz wesentlich dazu beigetragen, dass Österreich mit 17 Siegen die Nummer eins ist. Im Super-G ist die ÖSV-Bilanz (drei Siege) nicht ganz so überragend, was auch damit zu tun hatte, dass der Bewerb erst erfunden wurde, als sich Klammers Karriere bereits dem Ende zuneigte.

Ehe Ende 1983 in Gröden der erste Super-G gefahren wurde, hatte Olympiasieger Ernst Hinterseer aus Kitzbühel geschimpft, dass der Grödener Berg dafür völlig ungeeignet sei. Worauf Sohn Guido just dort mit Rang fünf das beste Super-G-Resultat seiner Karriere erreichte.

Mittlerweile kostet der Fußball die Hinterseers mehr Nerven als jedes Skirennen. Und Opa Ernst ist stolz auf den Enkel. Der heißt Lukas Hinterseer, ist Neffe vom singenden Hansi, einfacher Nationalspieler und Wunsch-Stürmer der Austria.