Das Geständnis des Teamchefs

Gleich vier Teamchef-Vorgänger von Marcel Koller haben die Seite gewechselt. Nur um einen wurde es völlig still.
Wolfgang Winheim

Wolfgang Winheim

Aufgewachsen in den Zeiten des finstersten tschechischen Kommunismus, hielt er Öffentlichkeitsarbeit für suspekt

von Wolfgang Winheim

über Ex-ÖFB-Teamchef Karel Brückner

Blick in die deutsche Medienlandschaft am gestrigen Spieltag – zu einem Zeitpunkt, zu dem die österreichischen Teamfußballer in einem Münchner Fünf-Sterne-Palast ihre Henkersmahlzeit einnahmen und Handy, Internet plus Zeitung lesen tabu war für sie.

Die Bild-Zeitung titelt auf Seite 1: „Ösis stänkern gegen Löw.“

Die Süddeutsche Zeitung sieht die Skifahrer-Nation im Fußball-Aufwind und zitiert u. a. den bayrischen Nationalstürmer Thomas Müller: „Die Österreicher kommen ständig einen Schritt näher.“

In der Welt findet sich ein halbseitiges Inserat der Hypo Vereinsbank mit dem Wiener David Alaba, dessen rotes, handsigniertes FC-Bayern-Trikot bayrische Bankkunden gewinnen können.

In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung gesteht ÖFB-Teamchef Marcel Koller, dass er sich als Klubtrainer den Nationaltrainer -Job völlig anders vorgestellt hatte.

Der Schweizer im O-Ton: „Zehn Spiele im Jahr, vorher kurze Zusammentreffen, nachher alle gleich wieder weg– superschön, das kannst du genießen. Inzwischen habe ich festgestellt: Du bist nur unterwegs. Es ist auch ein Bürojob, es ist Vorbereitung, Unterstützung. Man ist quasi Trainer ohne Team.“

Marcel Kollers Vertrag beim Österreichischen Fußballbund endet im Herbst mit dem letzten Spiel der WM-Qualifikation.

Über eine mögliche Vertragsverlängerung wollten weder ÖFB-Präsident Leo Windtner noch Koller im Vorfeld des Münchner WM-Qualifikationsspiels reden.

Kollers österreichische Vorgänger als ÖFB-Teamchefs haben die Seite gewechselt. Ob Herbert Prohaska, Hans Krankl, Josef Hickersberger (gestern vor dem ATV-Mikrofon) oder Dietmar Constantini – sie alle sind jetzt Honorarkritiker. Als Zeitungskolumnisten oder TV-Analytiker.

Nur um den Tschechen Karel Brückner, der nach der Heim-EM 2008 das oberste österreichische Traineramt übernahm, ist es völlig still geworden. Niemand mehr im ÖFB hat mit dem inzwischen 73-Jährigen seit seinem Abgang im März 2009 Kontakt.

Brückner war auch nie ein Medienmann. Aufgewachsen in den Zeiten des finstersten tschechischen Kommunismus, hielt er Öffentlichkeitsarbeit für suspekt. So klagte er dem damaligen ÖFB-Zeugwart Helmut Legenstein sein Leid.

„Ich verstehe das nicht. Mit der tschechischen Nationalmannschaft habe ich 21 Qualifikationspunkte und drei Pressekonferenzen gehabt. In Österreich ist es umgekehrt.“

Kommentare