Abschied von einem Grenzgänger

Wolfgang Winheim

Wolfgang Winheim

Die Tumor-Diagnose wollte der fesche Toni laut seinem Sohn Bernd nie wahrhaben

von Wolfgang Winheim

über Toni Linhart

Der österreichische Sport hat einen seiner vielseitigsten Vertreter verloren. Toni Linhart . Noch mit 69 schien der ehemalige Fußball-Nationalspieler und US-Football-Star optisch die ewige Jugend gepachtet zu haben. Trotzdem ist er nur 70 Jahre alt geworden. Morgen wird sein Leichnam in Baltimore ( USA) eingeäschert.

Linhart war ein Modellathlet. Als bis heute wohl einziger Kicker raste er auf Skiern den Hahnenkamm Schuss runter, was ihm selbst Anerkennung von Karl Schranz einbrachte. Konditionell kamen mit dem steirischen HTL-Studenten auf dem Fußballfeld Freund und Feind kaum mit. Linhart hat sechs Länderspiele bestritten und ist mit dem Wiener Sportklub zwei Mal österreichischer Vizemeister geworden.

Auch als er sich nach einem Vienna-Gastspiel in den USA zum Freekicker umfunktionieren ließ, blieb Linhart, zumal der Rapidler Toni Fritsch kurz vor ihm den Wechsel in den American Football gewagt hatte, in der öffentlichen Wahrnehmung in Österreich zweiter. Heute wäre das anders. Heute würde sich der ORF um Direktübertragungen aus den USA bemühen, gäbe es so einen wie seinerzeit Linhart, mit dem sich im härtesten Teamsport der Welt prahlen und im TV-Quotenkampf punkten ließe.

Linharts erster Vorgesetzter bei seinem Einstieg in den US-Football war 1972 bei den New Orleans Saints ein ehemaliger Astronaut. So richtig nach den Sternen aber griff Linhart erst danach bei den Baltimore Colts, wo seine Kicks mit dem Eierlaberl wie aus der Pistole geschossen kamen.

Im Gegensatz zu Dallas-Cowboy Fritsch (er wurde nur 60 Jahre alt) hat Linhart zwar nie einem Super-Bowl-Siegerteam angehört. Aber dafür feierten ihn die Football-verrückten US-Medien 1976 als erfolgreichsten Scorer der gesamten NFL, während diese Leistung hierzulande in den Vor-Vor-Internet-Zeiten nie wirklich geschätzt wurde.

Auch beruflich schaffte Linhart den Umstieg: Er baute einen privaten Postversand mit 200 Angestellten auf. Linhart blieb in den USA. Und er blieb dem Sport treu, lehrte Kinder Fußball, Football, Tennis plus Skilaufen und spielte Golf im einstelligen Handicap-Bereich.

Die Tumor-Diagnose wollte der fesche Toni laut seinem Sohn Bernd (Filmemacher in Los Angeles) nie wahrhaben. Selbst heuer im Winter, als ihm amerikanische Ärzte nur noch wenige Wochen gaben, versuchte er, an Geräten seinen Muskelaufbau zu forcieren. Zu spät.

Linharts Besuch vor vier Jahren sollte sein letzter in der Heimat gewesen sein. Damals flog er nach Wien, um von seinem Cousin und ehemaligen Vienna-Mannschaftskameraden Peter Persidis am Grab Abschied zu nehmen.

Auch der ÖFB-Auswahltrainer Persidis (bei der EM 2008 noch Co von Josef Hickersberger) hatte den Kampf gegen den Krebs verloren.

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