Siaß oder schoaf?

An zweierlei Orten lässt sich in Wien fantastisch beobachten. Im Kaffeehaus. Und natürlich am Würstelstand. Sogar Hochzeit gefeiert wird dort. Zumindest bin ich bei der Recherche für diese Kolumne auf einen solchen Fall gestoßen. Die schönsten Geschichten schreibt eben immer noch das Leben, um drei Uhr früh mit einer Frankfurter in der Hand. Ja, Frankfurter. Ich bin nicht so der Käsekrainer-Typ.

Ein Würstelstand in der Innenstadt vergangenen Mittwoch. Ein leichter Geruch nach Bier, Fleisch und Fett liegt in der Luft. Eine Dame mit Perlensteckern, neben ihr ein junger Mann mit Vollbart und ein spanisches Touristenpärchen. Eigentlich haben diese vier Menschen nichts gemeinsam, doch hier wollen sie alle dasselbe: ein Würstel.

Und weil der Platz rund um den Stand begrenzt ist, stehen zusammen und plaudern, die eigentlich nie zusammenstehen und plaudern würden. Über die Qualität des Würstels. Ob der Senf jetzt besser ist, wenn er schoaf oder wenn er siaß ist (siaß!). Den Lugner als Bundespräsidentschaftskandidaten (o.k., die spanischen Touristen hielten sich in dieser Diskussion dezent im Hintergrund). Wie super es ist, dass es endlich warm ist.

Am Würstelstand sind eben alle gleich. Wobei die Nicht-Fleischesser doch leicht im Nachteil sind.

Hierzu eine Anekdote. Irgendwann habe ich einen befreundeten Vegetarier nach dem Club-Besuch überredet, den Würstelstand bei der U-Bahn-Station zu besuchen. Ein hartes Los für ihn. Besser wurde es nicht, als dieser den Standler nach Sojawürsteln fragte. "Bist wo angrennt?", so die eindeutige Gegenfrage.

Freund bestellt dann ganz kleinlaut einen Hotdog. Ohne Dog. Also nur Brot mit Ketchup. Aber weil der Standler doch auch ein Herz hat, gab es das Ganze dann aufs Haus. Das Leben sei schließlich schon hart genug, wenn man seine Würstel nicht essen könne.

Diese Mischung aus Grant und Herzlichkeit. Die gibt es wohl nur in Wien.

Kommentare