Ganz in Weiß

Vergangenes Wochenende scheint beim heutigen Wetter eine surreale Erinnerung. Denn Wien war ganz in Weiß.

von Mag. Leila Al-Serori

über den letzten Schnee in Wien

Und plötzlich war es still. Es schneite und schneite, färbte Straßen, Gehsteige und Autos weiß. Der Schnee legte sich über die Stadt, über Lärm, Stress und Geschwindigkeit.

Wien ist selten eingeschneit, aber wenn es dann passiert, sind seine Bewohner andächtig staunend. Der ganze Grant der Stadt scheint begraben. So wie vergangenen Samstag. Aus heutiger Warm-Wetterlage eine schon fast surreale Erinnerung.

Aber ich schreibe trotzdem darüber, denn genau diesen Tag hatte ich mir ausgesucht, um das Grätzel rund um den Kutschkermarkt im 18. Wiener Gemeindebezirk zu besuchen. Währing ist mit seinen vielen pompösen Gründerzeitbauten immer ein schöner Ort, aber der Schnee schien alles noch schöner zu machen. Ein paar wackere Standler standen am Kutschkermarkt, eingepackt mit Mütze und Handschuhen. Gemüse und Obst glänzten im Frost.

Es ging raus aus der Kälte und rein ins hübsche Café Himmelblau. Das Frühstück ist zwar nicht ganz billig, aber köstlich: zum Beispiel das Sandwich mit Schinken und Spiegelei. Dazu ein wärmender Ingwertee. Anschließend ab zum eingeschneiten Schubertpark, dem ehemaligen Währinger Ortsfriedhof, wo Beethoven, Schubert und Nestroy begraben waren, bevor sie auf den Zentralfriedhof umgebettet wurden. Ein Teil des Parks ist immer noch Friedhof, mit alten Grabsteinen unter hochgewachsenen Bäumen.

Ein bisschen weiter liegt der Aumannplatz, wo sich das öffentliche Wohnzimmer des Viertels befindet: 12 Munchies. Ein herziges Mini-Lokal mit gutem Kaffee und täglich wechselndem Kuchenangebot, an den Wänden hängen bunte Porträts der britischen Queen. Hier kennt man einander, die meisten Besucher sind Stammgäste.

Einen Scone mit dunkler Schokolade essend, beobachtete ich aus dem angelaufenen Auslagenfenster, wie sich die Schneeflocken immer weiter übereinanderschichteten.

Als ich mich wieder in die Kälte wagte, lag der Schnee schon mehrere Zentimeter hoch. Menschen hatten ihre Moonboots zur jährlichen Parade herausgeholt, manche ihre Nordic-Walking-Stöcke. Wien war ganz in Weiß, schien die schönste Stadt der Welt. Ich blieb andächtig staunend stehen, schloss die Augen. Und es war einfach nur still.

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