Exotisch

Manchmal fühle ich mich als gebürtige Wienerin wie eine exotische Frucht. Sagen wir, eine Kiwi. Denn sei es an der Uni, am Arbeitsplatz oder auf Partys: Die waschechten Wiener sind meistens in der Minderheit. Nicht selten werde ich bestaunt und herumgereicht.

Dabei gelte ich wohl kaum als Paradeexemplar. Hier geboren, ja, aber doch kein Edmund Sackbauer. Ich bin schließlich die Tochter eines irakischen Wüstensohns und einer oberösterreichischen Mostprinzessin. Aber gut, ich wohne schon mein ganzes Leben in Wien, da darf man schon als gebürtig durchgehen.

Wobei an dieser Stelle angemerkt sei, dass selbst Edmund Sackbauer in echt, also in Form von Karl Merkatz, in Wiener Neustadt geboren wurde.

Was uns zur Statistik führt. Denn es ist nicht nur eine gefühlte, sondern eine mit Zahlen belegte Wahrheit: 52 Prozent aller Wiener und Wienerinnen stammen aus den Bundesländern oder dem Ausland. In der Hauptstadt geborene Menschen sind tatsächlich eine Minderheit. Bin ich also doch eine Kiwi.

Aber nicht mehr lange. Denn mit Mai geht es berufsbedingt nach München. Dort bin ich keine Waschechte mehr, sondern eine Zuagroaste. Und exotisch schon gar nicht, denn die Zuagroasten sind in München sogar deutlicher in der Mehrheit als in Wien. Zwei Drittel der Bewohner sind außerhalb der bayrischen Landeshauptstadt geboren. Münchner Kindl sind eine vom Aussterben bedrohte Spezies!

Dem Kiwi-Dasein muss mit dem Umzug Baba gesagt werden, sowie auch meiner sehr geliebten Heimatstadt. Damit leider verknüpft: Ich gebe mein Baby, den Stadtspaziergang, in die Hände anderer. Nach eineinhalb Jahren und 61 Kolumnen ist diese meine allerletzte.

Ich danke Ihnen für Ihre Treue, die vielen Leserbriefe, die herzlichen Worte. Wie soll Kaiser Franz Joseph (übrigens ein Waschechter) so treffend gesagt haben: Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut.

Machen Sie es gut!

Ihre Leila Al-Serori

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