Schiach

Die 80er haben wenig Schönes hervorgebracht. So wie die Mode sehen auch die Häuser aus.

von Mag. Leila Al-Serori

über die schiachsten Häuser Wiens

Ich liebe den österreichischen Ausdruck " schiach". Selten entspricht der Klang so der Bedeutung eines Wortes. Zudem werde ich nie vergessen, wie ich einmal etwas für schiach befand, und meine deutsche Ex-Mitbewohnerin fragte: "Ist das jetzt gut oder schlecht?"

Ich erzähle das, weil ich vergangenes Wochenende auf der Vienna Ugly Tour war. Bei dieser ungewöhnlichen Tour geht es zu Fuß durch das hässliche Wien – also kein Kitsch, Sissi oder Mozart. Stereotype der Stadt werden gebrochen, es wird so richtig ehrlich, so richtig schiach eben. Tourguide ist Eugene Quinn. Er habe auf Regen gehofft, sagt der gebürtige Brite einleitend, dass würde die Hässlichkeit so richtig zur Geltung bringen. Liebevoll hat er die schlimmsten Häuser der Stadt ausgewählt, erzählt dazu amüsante Anekdoten. Das Konzept kommt gut an, mehr als 50 Einheimische und Touristen sind da. Typisch wienerisch sei das, befindet Quinn. Die Wiener sind ja morbid, eine Faszination für das Dunkle liegt uns im Blut.

Wir starten bei einem bunten Gebäude am Karmelitermarkt im 2. Gemeindebezirk. Psychedelisch schräg ist die Fassade, so viel wusste ich schon, aber wer genau hinsieht, erkennt tatsächlich nackte Frauen und Spermien in Pink und Hellblau. Es geht weiter am ungarischen Kulturinstitut vorbei (uff!), zum News-Tower am Schwedenplatz (dieser wurde an dieser Stelle ja schon zum grindigsten Platz der Stadt ernannt) und zum grün-blauen Gesundheitsministerium. Selbst vor der Strauss-Statue im Stadtpark macht Quinn nicht halt. Über zwei Stunden marschieren wir, am Ende sind die Finger erfroren, die Füße schmerzen.

Aber was man nicht alles neu entdeckt, wenn man durch die Straßen geht und jedes Haus auf seine Hässlichkeit überprüft. Das ist natürlich eine sehr subjektive Sache, schließlich liegt Schönheit im Auge des Betrachters. So finden manche manches nicht schiach, sondern liab.

Ein Fazit aber bleibt nach dieser Tour: Die 80er haben wenig Schönes hervorgebracht. So wie die Mode sehen nämlich auch die Häuser aus ...

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