Es war sehr schön
Lieber Naschmarkt, es ist aus. Denn du bist wirklich teuer, überfüllt und austauschbar geworden.
Lieber Naschmarkt, es ist aus. Da hilft selbst deine schärfste Wasabi-Nuss nichts mehr. Natürlich schmerzt der Abschied. Es sind schließlich 26 gemeinsame Jahre. Seit meiner Geburt. Ich bin gleich neben dir aufgewachsen, das tägliche Einkaufen an Mamas Hand gehört zu meinen Kindheitserinnerungen. Ich habe gesehen, wie die ersten Lokale aufgesperrt haben, wie du immer angesagter wurdest.
Wenn andere schimpften, dass du dich in eine kommerzielle Fressmeile verwandelt hast, war ich empört. Ach kommt, habe ich gerufen, er ist immer noch der beste Markt in Wien.
Verstehe mich nicht falsch, ich freue mich immer noch, wenn ich durch deine Stände spaziere und als "Madame" mit Falafeln bezirzt werde. Doch nun muss ich der Wahrheit ins Gesicht blicken. Naschmarkt, du hast dich verändert. Und es liegt nicht an den unzähligen Schönheitsoperationen der vergangenen Jahre. Die neuen Leitungen und Pflasterungen, die sind schon okay. Aber du bist wirklich teuer, überfüllt und austauschbar geworden. Auch wenn du noch tolle Seiten hast. Den exotischen Salat beim Do’An zum Beispiel. Der schmeckt seit mehr als zehn Jahren gleich, nämlich ausgezeichnet. Das Ambiente an einem lauen Sommerabend. Oder die verbliebenen Gemüse-Standl-Veteranen.
Aber Souvenirläden? Schlüsselanhänger mit deinem Konterfei? Ich dachte immer, was wir haben, ist exklusiv. Für die Ewigkeit. Aber als du mir letztens nach dreißig Minuten Wartezeit einen wässrigen Caffè Latte für 3,50 Euro vorgesetzt hast, ist mir klar geworden: So geht das nicht weiter. Ich habe etwas Besseres verdient.
Sei nicht traurig, lieber Naschmarkt. Ich werde noch oft an dich denken. Nur mein Humus, das esse ich jetzt woanders.
Deine Leila
P.S.: Und ja, ich habe einen Neuen. Es ist zwar nicht die große Liebe, aber der Yppenmarkt ist einfach jünger, richtig fesch. Und es gibt keine Abzocker-Buden. Solltest du auch einmal probieren.
Kommentare