sex IN DER FREIZEIT: Wunderweiber

sex IN DER FREIZEIT: Wunderweiber
Ein neues Buch idealisiert professionelle Stripperinnen als Frauen in Bestform. Wer sich an die Tipps der Autorin hält, wird - angeblich - zur Lebenskünstlerin. Vorausgesetzt, sie kritisiert und meckert nicht und sieht sensationell aus.
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Ich überlegte unlängst, ob ich das Fach wechseln soll. Bitte nicht lachen, aber ich warf für Momente einen Schlafzimmerblick auf das Stripperinnen-Genre. Der Grund dafür ist ein Buch, das in meiner Post landete: "Was Frauen von Stripperinnen lernen können". Dem neu erschienenen Werk entnahm ich nämlich, dass die professionellen Entkleidungskünstlerinnen wahre Wunderwuzzis und Alleskönnerinnen zu sein scheinen - siehe Klappentext: "Von Stripperinnen können wir eine Menge lernen - nicht nur, wie sie auf Männer wirken, sondern vor allem über uns selbst und wie wir unser Leben besser gestalten können." Sexy sein und darüberhinaus auch noch lebensklug - klingt super. Glaubt man der Autorin Carolina Teleuca, sind Stripperinnen frech, geschickt und verbreiten bei schlechter Laune trotzdem gute Stimmung. Sie hören perfekt zu, sagen im rechten Moment nein, machen Männer neugierig. Ich vermutete gar, dass die Nacktschneckchen überdies schön Socken stopfen, Brot backen und Kinder stillen können, ohne dass man es ihren Stripperinnen-Brüsten ansieht. Und ganz sicher das beste Nackedei-Mousse-au-Chocolat brauen, um es mit nichts als einem Hauch von Schürze bekleidet, charmant zu servieren. Vermutlich sind sie nicht minder begabt beim Blow-Jobben und turnen die 64 Stellungen des Kamasutra ohne Bandscheibenprobleme durch. So weit, so verlockend - allerdings entpuppte sich das Oeuvre dann als esoterisch schwüle Lektüre, die etwa den Leserinnen die "Traumprinz-Bestellungs-Methode" als ultimative Anbahnungsstrategie verklickern möchte. Mit meinen Stripperinnen-Ambitionen war's folglich rasch vorbei. Auch, weil sich leichte Übelkeit einstellte, als ich begriff, worum es in dem Buch wirklich geht: Um Wunderweibertum, das die perfekte Frau als Ideal darstellt - es ist also nix anderes als eine platte Männerbefriedigungsfibel. Mit dem Ziel, aus weiblichen Menschen schnurrende Wesen zu machen, die im Dienste des Testosterons durchs Leben stöckeln und Mantren wie dieses murmeln: "Eine professionelle Stripperin wird ihren Partner niemals vor anderen kritisieren oder bloßstellen, schon gar nicht, wenn er dabei ist. Sie weiß, in jedem Mann steckt ein Löwe - und jeder Löwe ist der Größte und absolut perfekt - so wie er ist." Hä? Ich dachte, die "Mein Gebieter-ich-bin-immer-für-dich-da-und-trage-dann-auch-hübsche-Puffschlapferln-Zeiten wären unwiderruflich vorüber? Aber nein, Frau Teleuca belehrt mich eines Besseren: "Männer mögen keine Frauen, die meckern", "Männer mögen es nicht, wenn sie sich rechtfertigen müssen", "Männer mögen keine Frauen, die ständig krank sind". Absolutes No-Go sind in ihren Augen Weibsbilder, die daheim herumsitzen, um "nur" Kinder, Haushalt und Wäsche zu schupfen. Da diagnostiziert sie unwirsch "Faulheit". Und wehe, eine Frau reibt auf! Viel mehr müsse sie sich unermüdlich weiterentwickeln - im Dienst des Herrn. Wie gut, dass es Frauen wie die Schauspielerin Helen Mirren gibt. Sie verkündete nicht nur, ein Buch über ihr Sexleben schreiben zu wollen, sondern sagte auch: "Frauen sind oft viel zu nett - ein Fehler. Sie müssen zwei Worte lernen, um sie hin und wieder zu benutzen: Fuck off!" Danke! gabriele.kuhn(at)kurier.at

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