sex IN DER FREIZEIT: Vegan peitschen

sex IN DER FREIZEIT: 19 Mal pro Tag
Aus Liebe zu Mutter Erde und ihren Kindern satteln viele Menschen um und verzichten auf tierische Genüsse. Ein Trend. Wer immer noch glaubt, Veggies wären öde Dörrobst- Liebhaber in kratzigem Jute-Outfit, liegt also ganz falsch.
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Mehrere Damen in meiner Umgebung finden Tierisches seit Neuestem "absolut indiskutabel" und lassen nur noch Tofu & Co an Haut, Haare und Magen. Quer durch alle Altersklassen formiert sich die Dinkel-Soja-Tofu-Fraktion zur lebenslustigen Lifestyle-Bewegung. Auch in unserer Redaktion wabert zuweilen der feine Duft von Linsen, Bohnen und anderen grüngrünen Eintöpfen durch die Luft. Da fehlt nur noch der hausinterne Contest "KURIER’s next Kichererbsen-Queen". Zweifellos, da liegt was in der Luft, das ist ein Trend, der sich durchsetzen wird.

Ich finde das wunderbar – denn bisher hatten Vegetarier und Veganer ein eher sperriges Image. Das roch nach kratziger Schafwolle, radikaler Lustverweigerung und selbstgeflochtenen Dessous. Vorurteile, die auch das Thema Lust und Erotik betrafen. Nur so, zur Info: Eine Freundin von mir – Fleischesserin – schwärmt heute noch vom "besten Sex ihres Lebens". Den hatte sie mit einem Makrobiotiker.

Aber klar, man hat so seine Bilder im Kopf. Vom Mann, der in den Bio-Supermarkt aufbricht, um nichts als ein paar welke Melanzani und drei Kilo Einkorn zu erlegen. Das wirkt auf manche Frauen schlicht nicht prickelnd. Und bitte was tun, wenn so ein Veggie-Kavalier am Morgen danach Sojakakao urgiert, statt am Clooney-Espresso zu nippen?

Mag schon sein: Vielleicht ist es besser, wenn sich zwei Gleichgesinnte auf ein Packl hauen. Wo doch manche Fleischverächter es sich sowieso nicht vorstellen können, "mit einem Tierfriedhof" zu vögeln. In Berlin fand aus diesem Grund erstmals ein "Veggie-Speed-Dating" statt. Wunderbare Idee, weil es eben nicht wurscht ist, mit wem man Körperflüssigkeiten tauscht. Dazu passend eine weitere Kunde aus der deutschen Bundeshauptstadt: Seit zirka einem Jahr offeriert der alternative Sex-Shop "Other Nature" in Berlin-Kreuzberg politisch korrekte Accessoires für das Veggie-Schlafzimmer – sein Slogan (auf der Homepage dzt. nur in Englisch): "Sex should be sexy and sustainable". Herrlicher Gedanke: Man vögelt und rettet dabei ein bisschen die Welt. Leder und andere Produkte tierischer Herkunft wird hier keiner finden. Alles ist ungiftig, für die Ewigkeit gemacht – nix "Plastic Planet". Stattdessen gibt es Glas-Dildos, die so aussehen, als könnte man sie auch als Vase verwenden. Die Vibratoren sind giftfrei. Und wer im Namen des Planeten geil werden möchte, schmiert sich ein Gel aus feiner Minze in die Muschi. Alles ist vegan und vieles handgemacht – sogar die Peitschen. Die kommen aus der Werkstatt des Künstlers Anton Blume und sind Recycling-Ware.

Jedes Unikat besteht aus alten Schläuchen – vom Fahrrad. Jeder Schlauch tut daher anders weh – und man lässt sich mit gutem Gewissen quälen: Jeder Schlag ist ein Schlag für das Wohl von Mutter Erde. Das ist sehr schön, das garantiert ökologische Höhepunkte.

Wer nun annimmt, dass sich in dem Laden nur fade Freaks mit Laktoseintoleranz einfinden, liegt falsch. Die Besitzerin Anne Bonnie Schindler beteuerte in einem Interview, dass auch 50-jährige Schlipsträger zur Kundschaft gehören. Ein Schelm, wer glaubt, die kämen nur der Peitsche wegen. Es wird wohl eher wegen der veganen, eierlosen Cupcakes sein. Die gibt’s dort nämlich auch.

gabriele.kuhn(at)kurier.at

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