sex IN DER FREIZEIT: Twilight – nicht jugendfrei

sex IN DER FREIZEIT: 19 Mal pro Tag
In den US-Bestseller-Listen rangiert die mystische Erotik-Trilogie "Fifty Shades of Grey" gerade ganz oben. Darin geht es um eine selbstbewusste junge Studentin, die sich einem Alpha-Männchen unterwirft. Lustvoll und freiwillig.
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Erst vor Kurzem ließ ich es an dieser Stelle vegan knallen – die Kunde von ökologisch korrekten Peitschen aus Fahrradschläuchen erregte bei den Damen Interesse. Ich nehme nicht an, dass die den Kauf erwägen, weil sie damit den Teppich ausklopfen wollen.

Egal. Das Thema heute ist ja ein Buch. "Fifty Shades of Grey" stürmt die US-Bestsellerlisten. Aber nein – es handelt sich nicht um ein Ratgeberkompendium für Senioren oder Frisurentrends, sondern um eine 1200 Seiten schlüpfrige Erotik-Trilogie. Das Kernthema der Twilight-Saga für Fortgeschrittene ist Unterwerfung. Autorin E.L. James – quasi die britische Charlotte Roche – spart nicht mit pornografischen Details aus dem Formenkreis "Fesseln, Peitschen, Popschiklatsch". Eine Zusammenfassung: Buchheldin Anastasia Steele – Studentin, noch jungfräulich – lernt den 27-jährigen Telekommunikations-Oberjohnny Christian Grey kennen – einen klassischen Alpha-Revierpinkler mit starkem Südhang zur Dominanz. Da lässt sich die selbstbestimmte und aufgeweckte Ana auch schon auf ihr Sklavendasein ein. Sie unterwirft sich – lustvoll. Und freiwillig. Mein Hausmeister würde notieren: "Des foahrt".

Ja, tut es. Der dreiteilige "Mommy Porn" (O-Ton, New York Times) bereitet schon 300.000 Leserinnen feuchte Träume. Es werden mehr. Denn bis vor Kurzem wurde die Gleitmittel-Lektüre vorwiegend digital – also für Kindle-Reader oder iPad – verkauft. Dann folgte aufgrund der großen Nachfrage ein Nachdruck – 750.000 Exemplare. Auch die gehen weg wie, hm, Sau. In eigenen Online-Foren tauschen sich die weiblichen Fans offenherzig aus und beschreiben ihre Leselust als Libidobooster: "Jedes Mal, wenn ich das Buch zur Hand nahm, bekam ich schonFOTO: nach fünf Minuten Lust auf Sex." In der New York Post stand: "Noch nie haben Amerikas Kinder ihre Mütter so intensiv lesen sehen." Was lernen wir daraus? Abgesehen davon, dass sich die neue Form der Distribution (diskret, via Download, direkt ins iBett) für Lektüren wie diese eignet, rutscht wieder einmal das Thema BDSM (Bondage, Discipline, Submission & Masochism) in den Fokus. Eine der Kernfragen: Darf die moderne Frau dazu stehen, dass sie sich einem Mann sexuell unterordnet? Ins Bild der selbstbestimmten Frau passt das offiziell nicht – da schwingt in der Sekunde das Problemfeld von Missbrauch und Trauma mit. In der bisher größten Studie zum Thema "sexuelle Fantasien" von Brett Kahr kam allerdings klar heraus: Jede und jeder Vierte hat S/M-Fantasien – sie sieht sich bevorzugt in der passiven Rolle. Auch ich kenne zwei sehr attraktive, erfolgreiche, glückliche Frauen, die mit ihrem Partner eine Art "Unterwerfungs-Vertrag" haben. Die gehen zwar auch gerne gemeinsam in die Oper, aber das große Abenteuer erleben sie miteinander, wenn er sie auf eine unbekannte Reise in den Darkroom nimmt: "Dort kann ich mich fallenlassen, entspannen, meine Verantwortung abgeben." Wirkt anscheinend Wunder, der Teint wird glatt. Alles eine Frage des Bewusstseins und Spürens. Alice Schwarzer schrieb in EMMA: "Fantasien erweitern die Realität. Sie können also auch in der Sexualität eine Bereicherung sein ... Die Frage ist nur: Sind Ihre Fantasien für Sie selbst freudvoll oder bedrückend?"

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