sex IN DER FREIZEIT: Gute & schlechte Zeiten

sex IN DER FREIZEIT: Gute & schlechte Zeiten
Wenns drauf ankommt, sind Frauen immer noch die fieseren Männer.
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Die drittbeste aller Freundinnen, die K nämlich, klang sommerlochgefährdet. Midwife-Krise, Alarmstufe Zellulitis. Es roch nach seelischem Grenadiermarsch. K ächzte nach einem Treffen an wenig Fleisch und viel Alkohol. Da saßen wir und tranken alles, nur keinen Frauenmanteltee. Herzklappe, die erste. Rundherum lösen sich gerade drei Ehen in ihre eher unappetitlichen Elementarteilchen auf. Und derweil K immer noch beherzt Treuepunkte sammelt, pirschen sich all die frisch Getrennten, frisch Geschiedenen, soeben Enttäuschten oder aber noch gar nicht Liierten unartig an ihren Mann heran. "Bist du dir da sicher?", klopfte ich ihre Theorie auf die Indizienlage ab. K schnaubte: "Sicher? Bombensicher. Der Alte hat abgelegt." Herzklappe, die zweite: Im Rahmen einer betriebsinternen Betrachtung zum Thema "Libidoaufkommen in langjährigen Ehen" wollte der gute Gatte seinen Marktwert mit handlichen Beispielen dokumentieren. O-Ton: "Schatz, vier Frauen hätte ich während unserer Ehe schon vögeln können. Aus Liebe zu dir ließ ich es aber." K entgegnete baff: "Nette Geste, man sollte dir wohl die Hoden vergolden. Dennoch kein Grund, dir die Füße zu küssen." Denn wie heißt's so schön? "Es muss schon ein sehr guter Ehemann sein, dass er besser ist als gar keiner." K, mit Hang zu masochistischer Neugierde, forderte Details. Herzklappe, die dritte. Denn schau an, der Gütige referierte tatsächlich zum Kapitel "Von so manchem Weib in Versuchung gebracht, blieb Prinz Eisenherz seiner Königin schweren Herzens treu. Und wenn er nicht gestorben ist, onaniert er noch heute." Dann erfuhr K "Dinge mit Gastritis-Potenzial". Von der Mutter eines befreundeten Kindergartenkinds, die - in fortgeschrittener Weinlaune - nicht nur ihre Brüste als Mitternachtseinlage feilbot. Von der blasshäutigen Ausdruckskünstlerin, die bei der Hochzeit von Freunden dem Gatten ihren willigen Muttermund darbot, während K zehn Meter weiter saß. Von einem Ex-One-Night-Stand, der kam, um zu kommen. Und sich noch am Gehsteig am Projekt Oralsex zu schaffen machte. Anekdoten - wie K raunzte - "mit relativ hohem Kotzpotenzial". Obwohl der Mann (angeblich, hm) in allen Fällen tapfer blieb und sich in letzter Minute aus der Affäre zog. "Die Ehe ist kein Yogakurs", philoso phierte ich unbeholfen. Dem folgte ein Wut-Tsunami. Statt mich kalmierend einzuklinken, also über die Illusion des Monogamen, den Stellenwert von Gleichmut in Langzeitbeziehungen und die Tücken des Testosterons zu parlieren, hob ich an: "Rache! Auge um Auge. Zahn um Zahn, Liebste. Tu was!" Da merkte ich: Es ging K weniger um ihren Kerl, auf dessen Stirn anscheinend der einladende Satz "Wer will mich?" prangte. Es ging um jene Geschlechtsgenossinnen, die - obwohl sie sie als "seine Frau" kannten - kaum gezögert hatten, ihrem Mann an den Schwanz zu gehen. Gar nicht gut. Zwei gehören trotzdem dazu, daher kein Freispruch fürs Bärli. Just jetzt fiel mir Charlotte Roche ein, die in einem Interview mal sagte: "Ich habe keine Ahnung, wo gutes Benehmen für Frauen aufhört und wo böses Benehmen anfängt. Ich möchte nur, dass Frauen die Wahl haben." Ich sagte mehr zu mir als zu K: "Das gilt auch für uns!" K lächelte: "Ho capito." Dann heckten wir sehr schlimme Dinge aus.

Kommentare