RRRöstfrisch

Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Dabei gehen Menschen mit ihren Nase auf Partnersuche und tunken ihren Riecher in getragen T-Shirts aus Baumwolle.

von Gabriele Kuhn

über „Pheromon-Partys“

Aromatest im Dienste der „Liebe“: Beim neuesten Kennenlern-Trend schnofeln Singles an getragenen T-Shirts anderer Singles, um herauszufinden, wer fein riecht. Das Ganze nennt sich dann „Pheromon-Party“. Die Idee: Menschen, deren Duft man mag, passen biologisch optimal. Nett, aber kompliziert. Können zwei nicht einfach nur auf einen Kaffee gehen?

A gut, auch das noch: In Berlin fand vor Kurzem Deutschlands erste Pheromon-Party statt. Dabei gehen Menschen mit ihren Nase auf Partnersuche und tunken ihren Riecher in getragen T-Shirts aus Baumwolle.

Sie können sich das nicht ganz vorstellen? Verstehe ich, also nochmals von vorne:

1.) Der Trend kommt aus den USA. Logisch, wie so manch anderer Schwachsinn auch.

2.) Das Lustobjekt ist erst einmal nicht der Mensch aus Fleisch und Blut, sondern dessen drei Nächte lang getragenes T-Shirt.

3.) Eigentlich geht es um den individuellen Geruch des Leiberls. Um den Duft der Pheromone, die jeder Mensch mit dem Schweiß absondert.

4.) Setzen, aufpassen: Das sind Botenstoffe, die Lebewesen ausdünsten, um das andere Geschlecht anzulocken. Aus der Tierwelt: Bei den Schweinen löst des Ebers Pheromon Androstenon die „Duldungsstarre“ der rauschigen Sau aus. Die ist dann so starr und willig, dass er komfortabel losrammeln kann. Bei Homo sapiens geht’s weniger um die Starre beim Sex als um Kompatibilität. Menschen, deren Duft man mag, passen biologisch gut. Das verspricht eine solide Beziehung und gesunde Nachkommen.

5.) Zurück zur Pheromon-Sause: Das mit Körperduft gepimpte T-Shirt (im Plastiksackerl, damit es nicht die Duftstoffe der Konkurrenz aufnimmt) bekommt eine Nummer – rosa die Damen, blau die Herren und landet auf einem Wühltisch.

6.) An dem stehen paarungswillige Weibchen und Männchen, die ihre Nase ins Sackerl stecken, inhalieren und probieren. Ähnlich wie beim Weinverkosten, nur ohne Ausspucken.

7.) Gefällt ein Aroma, kann man sich mit Sackerl fotografieren lassen. Diese Bilder werden an die Wand projiziert – T-Shirt Besitzer bzw. Besitzerin und Schnüffler bzw. Schnüfflerin werden – im besten Fall – zusammengebracht.

Das mag ja recht lustig klingen, und doch frage ich mich: Sind die Leute aus der Kategorie „jung, single, paarungswillig“ jetzt schon ganz gaga? Ich krieg das Gefühl nicht los, dass Kennenlernen die neue Mathematikmatura ist. Es gibt eine hochkomplexe Kennenlern-Industrie, man trifft einander nicht mehr nur, sondern „datet“. Wie das schon klingt: Du, ich hab ein Date. Ehrlich, ich geh lieber mit einem auf einen kleinen Braunen und zwei Krapfen, hab aber nicht die Erwartung, dass das der Mann wäre, mit dem ich Nobelpreisträger zeuge und Villenbesitzerin werde. Das ist es ja – sogar beim „Daten“ steckt der Mensch in der Optimierungsfalle. Erst müssen die Schweißperlen makellos sein, dann muss ein Welt-Fick her. Und wehe, sie wird nicht feucht und er hat nur eine suboptimale Erektion. Oder eine Unterhose, die out ist und einen grauslichen Vorzimmerteppich. Geht! Gar! Nicht! Nächstes Date, gemma.

Oberflächlich und schnell ist das. Als wäre das Leben ein Diskonter, in den wir hetzen, um schnell mal Supermann oder Superfrau ins Wagerl zu schmeißen. Was in diesem fragilen Moment der ersten Begegnung fehlt: Das unvoreingenommen leichte Kennenlernen, das seelische Beschnuppern, das Ineinandervertiefen ohne Plan, der vorgaukelt, es gäbe Perfektion. Das nimmt dem Moment die Magie, die es braucht, sich auf etwas einzulassen, für das es keine Garantie gibt. Und überhaupt: Garantie ist fad.

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