No No, Mr. Nice guy

Müssen sich Frauen vor den bösen Männern fürchten, die sich „Pick-up-Artists“ nennen und ihre „Zielobjekte“ strategisch abschleppen? Sicher nicht, meint die Autorin dieser Kolumne – auch, weil nirgendwo geschrieben steht, dass man auf jeden Typen reinfallen muss.
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Ein Abend mit so einem Aufreiß-Wunderwuzi kann – positiv betrachtet – amüsant sein.

von Gabriele Kuhn

über Aufreißer

Vergangene Woche beleuchtete ich an dieser Stelle das Phänomen der Pick-up-Artists. Typen, die ausschließlich des Aufreißens willen aufreißen, und sich anhand der wöchentlichen Samenergussquote groß, cool und wichtig fühlen. Nicht nur – sie agieren nach System, mit einer Art Gebrauchsanleitung für Frauen in der Hand, die auf greifbare Ergebnisse ausgerichtet ist. Sie sind nicht von Gefühlen getrieben, handeln nach Plan. Um die Damen per se geht es gar nicht – die sind nur Sammelobjekte der Begierde.

Das klingt bös’ und böser – die Frage ist: Muss man sich als Frau davor fürchten? Weil wir nur mehr von dauerbrunftigen Schurken umgeben sind, die nix anderes im Schädel haben als Befummeln, Busen und Bumsen? Blödsinn. Erstens glaube ich gar nicht, dass es – zumindest hierzulande – wirklich so viele Männer gibt, die die gefürchtete „Kunst“ überhaupt beherrschen. Und zweitens kann ich nur sagen: Aufwachen! Wir Frauen haben da auch noch ein paar Worte mitzureden. Heißt: Augen auf, Ohren auf – zuhören, hinspüren und ja nicht um jeden Preis lieb sein, herzig sein, gefällig sein wollen. Es steht ja nirgendwo geschrieben, dass wir bei jedem Schwachsinn reinkippen und mitmachen müssen, den ein Kerl so vorgibt. Im Gegenteil: Manche Frauen fallen auf sich selbst herein – auf das Wesen, das immer noch nicht gelernt hat, nein zu sagen, sich abzugrenzen, stark zu sein und männliche Blödheiten zu durchschauen. Dass nämlich so manches Kompliment eines Mister Nice Guy nichts anderes ist, als die raffinierte Abkürzung auf seinem Weg zum Blowjob, hat schon meine Mutter gewusst. Das Schöne daran – und das gilt immer noch: Wir können uns entscheiden – wir dürfen das, wir müssen das. Wir haben die Wahl: Will ich mich von so einem verführen lassen, weil ich „nur“ Sex und Spaß und Geilheit haben möchte? Oder sehne ich mich diesmal nach einer echten Mensch-Mensch-Beziehung, die mich nicht verletzen, sondern beglücken soll?

Eine Frau, die sich kennt, erkennt das, spürt das, durchschaut das – und spielt idealerweise genauso wie ein Mann damit. Heißt für mich: Ein Abend mit so einem Aufreiß-Wunderwuzi kann – positiv betrachtet – amüsant sein, frei nach Jeanne Moreau: „Ein Don Juan ist ein Mann, der den Frauen beim Fallen behilflich ist.“ Voraussetzung dafür ist weibliches Bewusstsein und daraus resultierende Entscheidungen: Das will ich, das will ich nicht, hier ist meine Grenze. Sage nein!

Da fällt mir ein: Die Erziehung in diese Richtung kann gar nicht früh genug beginnen. Von ihren Müttern sollten Töchter lernen, wie sie Arschlöcher von Nicht-Arschlöchern unterscheiden, ohne dabei zwingend in der Männerhass-Ecke zu landen. Ich finde nämlich, dass sich Frauen durchaus einmal einen bösen Buben „gönnen“ dürfen – vorausgesetzt, es geschieht sehenden Auges und sie hat am nächsten Tag weder Kopfweh noch Herzschmerz.

Denn natürlich: So ein Bursche kann eine nette Zutat für den lustvollen Moment sein. So lange sich da zwei auf gleicher Augenhöhe begegnen und niemand verletzt wird, ist alles gut. Übrigens: Frauen sind sowieso die besseren „ Aufreißer“. Sie wissen es nur nicht.

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