Illuminiert
Der Wahnsinn hat sogar eine wissenschaftliche Basis.
Der Karli ist wieder nüchtern. Auf zweierlei Art – einerseits war er die Adventzeit bis Silvester in der Dauerwelle, jetzt braucht er Auszeit. Andererseits hat ihm die Welle nichts gebracht. Der Karli ist ja ein Punschstandl- und Silvesterpfad-Casanova. Weihnachten, sagt er, zählt die Liebe. Auf die Pirsch! Jetzt heißt’s zusammenrücken, fein sein, beinander bleiben. Um hoffentlich den Fick des Jahres zu erleben. Mit dabei in der Selbsthilfegruppe „Bedürftige Hoden“: Der Bertl, der Gerdschi, der Mike und der Adi. Das ganze Jahr nix, aber jetzt. An dieser Stelle könnten übrigens noch weitere hundert (erfundene) Männernamen stehen – handelt es sich doch um ein kollektives Phänomen im Reich des Testosterons. Es funktioniert nach folgendem Prinzip: Je mehr Hochprozentiges, desto mehr Mut, desto mehr Brunftigkeit, desto mehr Hechel. Das Blöde daran: Diese Hoch-Rechnung führt oft dazu, dass sich solche wie der Karli und seine Kompagnons grenzenlos überschätzen. Ihr Anlehnungsbedürfnis steht in keiner Relation zu ihrer Ausdünstung. Ihr Ausmaß an Intellekt hält nicht mit dem Grad der Alkoholisierung Schritt. Sprich: Irgendwann kommt einem wie dem Karli nur mehr Dumpf-Lall über die Lippen. Und wenn sich zum Punsch auch noch Appetithäppchen wie Döner, Hot Dog, Zwiebelschmalzbrote oder vorweihnachtliche Weinerlichkeit gesellen, wird’s für die angebratenen Damen extrem ungemütlich. Ganz abgesehen von der Güte der Witze. Der Wahnsinn hat sogar eine wissenschaftliche Basis. Eine neue Studie britischer Krebsforscher zeigt, dass sich – zumindest in Großbritannien – jeder dritte Mann einbildet, er wäre witziger und besser im Bett, nachdem er Alkohol konsumiert hat. Außerdem fanden Forscher der University of Missouri-Columbia heraus, dass alleine die Konfrontation mit Begriffen, die auf Alkohol verweisen, bei Männern den FOTO: Sexualtrieb steigern kann. Wohl deshalb schreit einer wie der Karli so laut nach Bier. Notgeile Männer unter Alkoholeinfluss sind aber weniger unangenehm denn lächerlich. Das Blöde: Sie selbst merken das nicht. Der Karli – ein an sich netter, aber doch schon überwuzelter Mann in den besten Jahren – fühlt sich unter Einfluss des wärmenden Eierlikörs (Achtung, Wortspiel) plötzlich wie ein Vorstadt-Clooney. Wie peinlich er dabei ist, entgeht ihm selbstverständlich. Biologisch logisch, dem liegt eine Wahrnehmungsstörung zugrunde: Alkoholmoleküle greifen die Nervenzellen im menschlichen Gehirn an, diese schütten den berauschenden Botenstoff Dopamin aus. Holla, die Waldfee, was für ein täuschender Glücksrausch. Karli – nicht allein zu Haus – dafür entspannt, und selbstbewusst. Dazu gesellt sich mangelndes Einschätzungsvermögen. Nach fünf Punsch und vier Bier landete Mister Möchtegeil endlich im Bett einer Dame, die drei Punsch und zwei Bier intus hatte. Acht weitere Schnäpse später – und bei ihr daheim – war dann was. Aber was? Und wie? Vor allem: warum? Jetzt fügt sich eine weitere Nebenwirkung hinzu: Sie ist im Englischen als „beer goggles“ (Bier-Brille) bekannt. Bei uns heißt das Schönsaufen. Womit wir erneut am Anfang der Geschichte gelandet wären: Der Karli ist wieder nüchtern.
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