Ich war’s nicht

Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Wenn’s um das Thema Sex und Verantwortung geht, ziehen sich Männer gerne aus der Affäre.

von Gabriele Kuhn

über vergessliche Männer

Macht zu viel Bunga Bunga gaga im Kopf? Die Frage stellte sich im außenpolitisch interessierten Freundinnenkreis vor einiger Zeit, als der Berlusconi-Prozess in Mailand begann. Der ehemalige italienische Ministerpräsident beteuerte, er habe "niemals intime Beziehungen gleich welcher Art" mit dem Partygirl Ruby gehabt. Er schloss zudem "mit absoluter Sicherheit" aus, dass sich bei den Festln in seiner Villa Arcore nahe Mailand irgendwelche Szenen sexueller Natur abgespielt hätten. Der 76-Jährige bejammerte gar "scheußliche Diffamierungen". Böse Medien, böse Richter, böse Menschen. Man lasse die Unschuldsvermutung gelten - vermutlich hat il Presidente sich erbost den Schweiß vom glatten Haupt gestrichen und dann gesagt: "Sexe in meinem Ause? Niente, Sig­nore. Icke gar nixe könne mehr Bunga Bunga. Icke aben traurige amichetto in der Ose. Große amichetto, mächtige amichetto, aber molto müde amichetto. Ruby solamente ate gemackte Massage bei alte Mann mit Rheuma in die Knocke. Und nixe Party, dafür viele Bridge spiele mit alte Kollega. Und Schacke, bis alle matt waren. Ho capito?"Die Freundinnen kicherten ob dieser (tendenziell ein wenig übertriebenen) Vorstellung. Und dennoch war allen klar: Silvios spontane Amnesien sind natürlich nicht auf neurologische Gegebenheiten zurückzuführen, sondern Teil seiner Strategie; ganz Politiker und Mannsbild. Wiewohl - völlig abseits der großen politischen Bühnen - diese Form der männlichen Gedächtnistrübung und kognitiven Störung allen anwesenden Damen durchaus bekannt vorkam. Jede Einzelne von ihnen hat - wie sich herausstellte - einen "Ich nix mehr wissen" in ihrer Liebes-Biografie. Erst geil, dann: "I wars net". Ein Beispiel lieferte die R, just aus Bella Italia: Der Mann, Direktor einer Drei­stern-Herberge, hatte es auf sie - Single, fesch, nicht abgeneigt - abgesehen. Nach fünf Cocktails und sieben Serenaden des minderbegabten Hammondorgelspielers aufs Haus, ging man zügig ins Kämmerchen des Meisters. Wo der Mann von Amore (eh klar) und einem Besuch in Vienna (auch logisch) plauschte. Und wie einzigartig (gähn) sie sei. Dann packte er seinen Hotel­direktor aus und vögelte die R all inclusive im Stehen. Und Cut. Menschen im Hotel, die zweite: Am nächsten Morgen ging der Mann an Freundin R vorbei und grüßte, wie man Hotelgäste eben begrüßt: freundlich, vor allem aber - unverbindlich. Per Sie. Erst dachte sie, dies sei Teil eines raffinierten Rollenspiels, das abends in einer noch exzessiveren Begegnung münden würde. Doch stattdessen saß Direttore längst wieder in Sachen Bunga Bunga reloaded an der Seite eines neuen weiblichen Hotelgastes.Und so folgten diesen Abend noch viele Anekdoten über diverse Herren, die erst geil und dann neurologisch zu ermattet waren, um den Namen der Begatteten zu rekapitulieren, geschweige denn sie anzurufen. Tja Pech - Vergessen ist die uncharmanteste Art, sich aus der Affäre zu ziehen - aber eine männliche Spezialität. Zumindest R hat daraus gelernt, die macht es seitdem wie einst Dorothy Parker: "Ich erwarte von einem Mann nur dreierlei. Er muss gut aussehen, rücksichtslos sein und dumm."

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