Flut an Begeisterung

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Sex in der Freizeit: Nur noch wenige Tage, dann wird es auch in Österreich den ersten Teil der gehypten Erotik-Trilogie "Fifty Shades of Grey" auf Deutsch geben. Spannend – weil sich die Frage stellt, ob und wie sich die Damen hierzulande für die S/M-Fabel rund um die junge Studentin Anastasia Steele und den Geschäftsmann Christian Grey erwärmen
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Ich weiß ja nicht, wie das österreichische Weibsvolk darauf reagieren wird, wenn der erste Teil der gehypten Trilogie "Shades of Grey" demnächst auf Deutsch erscheint.

In den USA erzeugt der Literatur-Dreier mit seinen Unterwerfungsszenen ja derzeit akutes Damenhöschen-Aquaplaning. Man kann ohne zu übertreiben von einer Flut an Begeisterung sprechen. Während ihre Ehemänner allenfalls die Sekretärin vögeln, liegen die Leserinnen auf dem Sofa und küssen – mit der Hand im Schritt – ihre "innere Anastasia" wach. Also liegen die Werke nach wie vor an der Spitze der New York Times -Bestseller-Liste. Und, nein, es handelt sich bei dem Trivial-Oeuvre nicht unbedingt um ein literarisch anspruchsvolles Werk, das das gehobene Bücherregal zieren muss.

Da tut sich vieles auf – unter anderem die eine oder andere Frage: Etwa die Reaktion des Marktes betreffend. Werden die österreichischen Buchhandels-Kundinnen bebend und in Schlangen vor den Geschäften stehen, um sich ihre Portion "Geheimes Verlangen" in gebundener Form zu holen?

Und dann, was dann? Werden die Konsumentinnen das Werk still und leise im Plastiküberzieher nach Hause tragen, es in den Umschlag eines Jonathan-Franzen-Schinkens tun, um es dann heimlich zu verschlingen? Werden sieFOTO: dabei zittern und leise stöhnen, während eine "Welle des Verlangens durch ihr Becken flutet"? Genau so wird Geilheit nämlich gerne trivial­literarisch beschrieben – sie endet übrigens meist damit, dass die Protagonisten "in Orgasmen explodieren", oft ist auch von einem "köstlichen Ziehen im Unterleib" die Rede. Im Grunde sind das die "sintflutartigen Regenfälle" für die Genital-Branche, im beschriebenen Werk ist das kaum anders.

Aber zurück zu den offenen Fragen und möglichen Szenarien: Werden die Damen ihr Animationsprogramm offenherzig in der U-Bahn zu sich nehmen, darauf schielend, von einem attraktiven, reichen Geschäftsmann angesprochen und demnächst in den siebten Himmel gevögelt zu werden? Nicht minder wesentlich – vor allem für Menschen in Partnerschaften – ist der Aspekt des Verbindenden: Sollen die Herren Partner mit Vorlesungen in die Darkroom-Ausflüge integriert werden? Oder ist es vielleicht doch besser, das Gelesene für sich zu behalten und mit sich zu verarbeiten – weil es komisch kommt, wenn das Bärli plötzlich einen auf streng macht und bei jeder Runde Vögeln ein "Bück dich" befiehlt (das wird nach dem dritten, bemühten Mal nämlich ein bissl fad).

Auch ein Aspekt – was wird schneller steigen: der Absatz an Vibratoren und Dildos? Oder doch jener von Soft S/M-Accessoires wie Handschellen, Peitschen und schwarzer Latexwäsch’. Auch hier können wir uns an Übersee orientieren: In den USA gibt es einen "Fifty Shades of Grey"-Merchandising-Boom, mit Parfums, Lippenstiften, Möbeln, Kleidung, Accessoires für das Schlafzimmer, Schmuck. Der Absatz von grauen Krawatten hat sich vervielfacht, auch die Seiler sollten sich auf den Run Bondage-williger Frauen gefasst machen. Tja, und wer weiß, was da noch so alles kommt? Die "Geheimes Verlangen"-Hauptdarstellerin würde es so formulieren: "Es wird sooo heiß." Na ja.

gabriele.kuhn(at)kurier.at

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